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MARTIN WIESMEIER

Sparkassendirektor

Edition: Bad Aibling 1997

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Seit dem 2. Januar 1997 ist die Vorstandschaft der Sparkasse Bad Aibling wieder komplett. Neben Gerhard Besel und Josef Vorbuchner leitet nun ein weiterer Finanzmarktspezialist die Geschicke des größten Geldinstitutes dieser Region. Er lernte seinen Beruf von der Pike auf - zunächst als Lehrling bei der Sparkasse Mühldorf a. Inn, später dann als Prüfer beim Sparkassenverband. Die STADTBROSCHÜRE unterhielt sich ausführlich mit Martin Wiesmeier.

 

Herr Wiesmeier, kennen Sie den Thriller »Der Dritte Mann«?

Ich habe den Film schon einmal gesehen, Einzelheiten sind mir aber nicht mehr geläufig. Ihre Frage bezieht sich aber sicherlich darauf, daß ich, Ihrer Meinung nach, hier die Rolle des dritten Mannes übernommen habe. 

Fühlen Sie sich denn als »dritter Mann« des Vorstands?

Keineswegs, so wie ich es bisher erlebt habe, arbeitet der Vorstand der Sparkasse Bad Aibling als Team, bei dem gegenseitige Information und Zusammenarbeit wirklich groß geschrieben werden. Ich schätze das sehr, zumal ich aus meiner früheren Tätigkeit her auch weiß, daß dies durchaus keine Selbstverständlichkeit ist.

Mit rund 210 Arbeits- und 25 Ausbildungsplätzen in der Hauptstelle und in 15 Geschäftsstellen, ist die Sparkasse Bad Aibling das bedeutendste Geldinstitut dieser Region. Was tun Sie, damit dies auch in Zukunft so bleibt?

Wir strengen uns in allen Bereichen an. Ein wichtiger Bereich dabei ist, daß wir uns als moderner Anbieter von universellen Finanzdienstleistungen in dem oft als Dienstleistungswüste bezeichneten Deutschland präsentieren. Wir wollen uns wirklich als persönlicher Dienstleister im wahrsten Sinne des Wortes unseren Kunden gegenüber präsentieren. Je nach Wunsch des Kunden müssen wir auch in Zukunft alles tun, um Serviceleistungen aller Art möglichst schnell, flexibel und kostengünstig zu erledigen. Außerdem wollen wir auch in Zukunft als »der individuelle Problemlöser« auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft gelten. Selbstverständlich gehören dazu auch so einfache Dinge wie Freundlichkeit, Bemühen um den Kunden, Kontaktpflege - also Service rundum. Natürlich haben wir gerade auf den genannten Gebieten schon immer alles getan, aber wir wollen das noch ver- bessern. Unser Ziel ist es, das partnerschaftliche Verhältnis zu unseren Kunden zu festigen.

Wann haben Sie erfahren, daß hier in Bad Aibling die Stelle eines Vorstandsmitgliedes vakant ist und wie haben Sie sich auf Ihre Bewerbung vorbereitet?

Ausgeschrieben war die Stelle im Februar ‘96. Ich habe daraufhin die üblichen Bewerbungsunterlagen zugesandt und dann letztendlich den Posten auch erhalten. Die Entscheidung dazu trifft grundsätzlich der Verwaltungsrat der Sparkasse, an der Spitze der Landrat Dr. Gimple und der Kreistag Rosenheim. 

Für welche Abteilungen sind Sie zuständig? 

Unabhängig von der bestehenden Gesamtverantwortung des Vorstandes sind die Geschäftsbereiche den einzelnen Vorstandmitgliedern schwerpunktmäßig zugeordnet. Ich bin zuständig für die Bereiche Innenrevision, Organisation, Rechnungswesen, Zahlungsverkehr, Passivgeschäfte. Außerdem für die Aus- und Fortbildung, für den Bereich Personal sowie für den gesamten Kundengeschäftsbereich der Hauptstelle.

Welche Voraussetzungen muß ein Bankvorstand erfüllen?

Es gilt hier zunächst gesetzliche Voraussetzungen zu erfüllen, die einerseits im Sparkassenrecht verankert sind, zum anderen aber auch im Kreditwesenrecht. Insbesondere geht es hier um entsprechende fachliche und persönliche Eignung.

Können Sie uns Ihren persönlichen Werdegang schildern?

Ich habe das Sparkassengeschäft sozusagen von der Pike auf gelernt, habe meine Lehre bei der Sparkasse Mühldorf a. Inn absolviert und war dort rund zehn Jahre in verschiedenen Bereichen tätig. 1983 wechselte ich als Prüfer zum Sparkassenverband. Dabei handelte es sich um eine aufsichtliche Prüfungstätigkeit, die vor allem aus zweierlei Gesichtspunkten und für den weiteren Werdegang wertvoll ist. Zum einen erhält man einen Ein- und Überblick in das ganze Bank- und Sparkassenwesen, weil man dabei eben für alle Bereiche zuständig ist. Zum anderen hat man die Möglichkeit, daß man das Bankgeschäft bei verschiedenen Instituten erlebt, mit unterschiedlichen Strukturen und Größenordnungen und mit einer unterschiedlichen Geschäftspolitik. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind vielfältig und wertvoll. Nach rund 13jähriger Tätigkeit beim Sparkassenver- band wurde ich Anfang dieses Jahres in den Vorstand der Sparkasse Bad Aibling berufen. 

Was unterscheidet die Sparkasse von anderen Geldinstituten?

Wir verfolgen sozusagen in unserem Geschäftgebiet den öffentlichen Auftrag, die Bevölkerung und die einheimische Wirtschaft mit entsprechenden Bankdienstleistungen und Krediten zu versorgen. Daneben haben wir aber auch die Aufgabe, zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Entwicklung in diesem Geschäftsgebiet beizutragen. Wir unterstützen deshalb auch viele Dinge im sozialen, caritativen und kulturellen Umfeld. Wir sind sozusagen auch »vor Ort« verwurzelt, kennen die Situation in unserem Geschäftsgebiet wohl am besten und haben viele persönliche, vertrauensvolle Kontakte zu unseren Kunden. Daraus resultiert auch, daß wir vielleicht länger zu einzelnen Unternehmen und damit dann auch zur Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen stehen, als vielleicht eine Bank, die ihren Sitz in München oder in Frankfurt hat. So zeigt es zumindest die Erfahrung immer wieder.

Hat sich das Verhalten der Geldanleger im Laufe der Jahre geändert, sind Sie heute risikofreudiger, oder eher umgekehrt?

Ich glaube, daß sich das Verhalten schon geändert hat. Der Anleger ist heute interessierter an höheren Renditen, der Risikoaspekt spielt hier und da wohl nicht mehr so sehr die entscheidende Rolle, wie dies vielleicht noch vor 20 Jahren der Fall war. Wir versuchen natürlich nach wie vor, unseren Schwerpunkt auf die Beratung zu legen - und je nachdem, wie die Interessen, die Bedürfnisse und die Vorstellungen des Einzelnen gelagert sind, hier unseren fachmännischen Rat zu erteilen.

Können Sie ein paar Zahlen nennen, die uns die Marktpräsenz verdeutlichen?

Unsere Bilanzsumme belief sich im Geschäftsjahr ‘96 auf knapp 1,5 Milliarden Mark. Diese Zahl gilt allerdings unter dem Vorbehalt der derzeitigen Prüfung und der Bestätigung durch den Verwaltungsrat. Und noch eine Zahl, die unsere Marktpräsenz sehr gut dokumentiert: Zum weitaus überragenden Teil der rund 75.000 Einwohner in unserem Geschäftsgebiet bestehen Geschäftsverbindungen.

Vor dem Hintergrund einer allgemeinen pessimistischen Grundstimmung hieß die Parole vieler deutscher Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr 1996 Konsolidieren und Umsatz halten. Trifft das auch für die Sparkasse Bad Aibling zu? 

Wir hatten im Jahr 1996 eine ganz erfreuliche Geschäftsentwicklung, sowohl was das Einlagen- als auch das Ausleihgeschäft anbelangt. Daraus kann man schon erkennen, daß wir hier die Möglichkeiten, die uns die Kunden und der Markt geboten haben, auch konsequent genützt haben. 

Kranken Firmen deshalb so oft, weil die allgemeine Zahlungsmoral derzeit so miserabel ist?

Ich glaube, daß dies sicherlich mit ein Punkt ist

Als Vorstandsmitglied sind Sie mit 250.000 DM jährlich, netto versteht sich, sicherlich bestens bezahlt, oder?

Schön wär’s. Sicherlich wird eine so verantwortungsvolle Tätigkeit wie die eines Sparkassenvorstands gut dotiert, aber bei der von Ihnen genannten Summe muß ich leider passen. 

Was tun Sie mit Ihrem Geld, um Spaß zu haben?

Sicher zu wenig, weil mir einfach zu wenig Zeit zur Verfügung steht.

Wie würden Sie Reichtum definieren?

Reichtum, so würde ich es umschreiben, ist sicherlich, wenn Leute nicht mehr wissen, was sie mit ihrem Geld machen sollen - so etwas soll’s ja geben.

Was raten Sie Ihren Kunden, die über 5.000 - 10.000 DM Anlagevermögen verfügen.

Im Grunde genommen kommt es sicherlich immer ganz auf die individuelle Situation des Kunden an. Bei 5.000 DM würde ich zumindest einmal nicht zu sehr an langfristige Anlagen denken, weil eine gewisse Mobilität doch auch von Vorteil ist.

Und was würden Sie dem raten, der ein ein- bis zweistelliges Millionenvermögen anlegen will?

Auch hier sind die individuelle Situation des Kunden, sein Gesamt- vermögen, dessen Struktur, seine Anlegermentalität, seine Risikobereitschaft und seine Zukunftspläne entscheidend. Grundsätzlich würde ich dem Kunden raten, sein Kapital in verschiedene Anlagemöglichkeiten aufzusplitten, einen Teil vielleicht in Aktien, einen Teil in Rentenpapiere und, in gewissen Maßen, auch Investitionen im Immobilienbereich. Und natürlich in flüssigen Anlagen bei der Sparkasse.

Wie lange, glauben Sie, sind die Zinsen noch so niedrig?

Leider bin ich kein Hellseher, aber in der zweiten Jahreshälfte wird sich hier sicherlich etwas tun.

Sollten die Politiker die Währungsunion angesicht der derzeitigen Probleme nicht besser verschieben oder am besten ganz fallen lassen?

Ich würde es begrüßen, wenn die Einführung des Euro nicht so un- bedingt auf einen festen Zeitpunkt festgelegt wird. Die Einhaltung der Stabilitätskriterien sollte aber auf jeden Fall Priorität haben.

Italien, Spanien, Großbritannien und andere Länder bleiben nach derzeitigem Stand draußen vor der Tür. Neuesten Berechnungen nach schafft es nicht einmal die Bundesrepublik, die von ihr selbst geforderten Mindestanforderungen einzuhalten. Bedeutet das nicht Spaltung Europas statt mehr Integration?

Das wird sich zeigen. Zum jetzigen Zeitpunkt Prognosen aufzustellen, wäre sicherlich unverantwortlich.

Haben Sie selbst Ihr Vermögen schon Eurosicher umgeschichtet.

Ich hoffe doch.

Man sagt, daß es Banken in wirtschaftlich guten Zeiten nicht schlecht geht, in schlechten Zeiten aber noch besser. Ist da was dran?

Ein gut geführtes Geldinstitut wird sich sicherlich auch in schlechten Zeiten gut behaupten.

Hand aufs Herz, unabhängig von Ihrer Verpflichtung als Sparkassen-Vorstand: welcher Posten bei welchem Geldinstitut würde Ihr Herz höher schlagen lassen?

Ich bin hier mit meiner Tätigkeit ausgesprochen zufrieden und habe keine weiteren Ambitionen.

Wer ist für Sie der perfekteste deutsche Banker?

Perfekt ist meiner Ansicht nach keiner - Fehler hat jeder gemacht.

Ein Blick in die persönliche Zukunft: Planen Sie hier in Aibling zu bleiben, oder haben Sie noch andere Ziele?

Ich möchte gerne hier in Bad Aibling bleiben.

Wenn Sie zum Geburtstag ein Glückwunschtelegramm bekämen, wessen Namen würden Sie am liebsten darunter sehen? Den von Helmut Kohl, vom Papst, von Nelson Mandela oder Andre Kostolany?

Ich würde mich über den Namen Andre Kostolany freuen.

Haben Sie schon oft Ihre Macht benutzt, wenn Sie Dinge durchsetzen wollen?

Macht ist so ein ungutes Wort - aber sicherlich gehört zur Durchsetzung von Entscheidungen eine gewisse Autorität, die aber letztendlich nur in Verbindung mit fachlicher Kompetenz zum tragen kommt.

Mal ehrlich, gibt es jemanden, dem Sie mal eins auswischen möchten?

Bisher jedenfalls noch nicht.

Widersprechen Ihnen Ihre Angestellten, wenn es sein muß?

Ich hoffe es doch, denn wie bereits zu Anfang dieses Interviews erwähnt, pflegen wir innerhalb des Vorstands eine überaus gute Zusammenarbeit - da wird natürlich auch sachliche Kritik akzeptiert. Und da wir diese Form der Zusammenarbeit auch auf unsere Mitarbeiter ausdehnen, sind wir sogar dankbar da- für, wenn uns Mitarbeiter widersprechen, wenn sie der Meinung sind, das dies zu einer besseren Problemlösung beiträgt. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Mitarbeiter sich auch wesentlich mehr für ihre Arbeit engagieren, wenn Sie in die Verantwortung miteingebunden sind und entsprechende Hinweise geben können. 

Gibt es für Sie auch noch andere wichtige Dinge außer Karriere?

Natürlich, der Beruf ist ja nicht alles.

Wie muß man sich Martin Wiesmeier privat vorstellen, was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ich gehe gerne essen.

Sie sind noch unverheiratet, welche Eigenschaften sollte Ihre zukünftige Frau denn vorweisen können?

Es müßten all die Eigenschaften sein, die ein ausgeglichenes Familienleben ermöglichen. 

Wohin sehen Sie bei Frauen zuerst? 

In die Augen.

An was denken Sie, wenn Sie an Liebe denken?

An etwas sehr schönes.

Glauben Sie, Frauen wollen, daß die Männer in einer Beziehung den dominanten Part übernehmen? 

Das kann man sicherlich nicht verallgemeinern, aber für manche trifft das bestimmt zu.

Wie stehen Sie zur Todesstrafe? 

Ich stehe der Todesstrafe ablehnend gegenüber. Niemand hat das Recht, einen anderen zu töten.

Machen Privilegien korrupt?

Mich jedenfalls nicht, ich habe gar keine.

Mit welcher Person der Zeitgeschichte würden Sie gerne einmal plaudern?

Sie haben mich bereits bei den Geburtstagsgrüßen nach einer bekannten Person gefragt - und auch jetzt würde ich gerne wieder Andre Kostolany nennen, mit dem ich mich gerne unterhalten würde. 

Haben Sie eine Meinung dazu, was »danach« kommt?

Ich bin religiös erzogen worden und ich glaube an ein »danach«. 

Wann haben Sie zuletzt einen draufgemacht?

Ich gehe gerne zusammen mit Freunden aus, lache sehr gerne, bin eigentlich ein sehr geselliger Mensch. Und einen »draufgemacht« im Sinne von zuviel getrunken, ich weiß schon, auf was Sie hinaus wollen, das ist wirklich schon sehr lange her.

Wo haben Sie im Leben jemals versagt?

Jeder hat mal Höhen und Tiefen im Leben, aber ob ich jemals versagt habe - ich wüßte keinen Fall.

Zum Schluß beginnen wir noch einige Sätze, die Sie bitte zu En- de führen wollen: Wenn ich heute könnte wie ich wollte...

...würde ich jetzt, Freitag mittag, aufhören zu arbeiten und mich schon ins Wochenende verabschieden.

Mein Posten als Vorstand bedeutet mir...

...schon etwas, weil ich sehr viel Zeit und Kraft für diese Tätigkeit investiere.

Ein Leben ohne Arbeit ist ...

...schlecht vorstellbar.

Geld bedeutet mir...

...einen gewissen Grad von Unabhängigkeit.

Freizeit habe ich...

...leider zu wenig.

Ich bin neidisch auf...

...niemanden.

Ich halte Bad Aibling für eine...

...schöne Stadt.

Mein größtes Laster ist...

...oft zu ungeduldig zu sein und zu gerne zu naschen.

Nichts ist erotischer als...

...eine schöne Frau.

Ich würde gerne...

...demnächst in Urlaub fahren.

Ich finde Ihre Interview-Fragen...

...sehr interessant.

Herr Wiesmeier, wir danken Ihnen für dieses Interview.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG