Kalender
Atom Uhr

Petra Forstpointner
30 Jahre WERBERING BURGHAUSEN

Edition: Burghausen 2017/18

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 


1967 gründete die Burghauser Geschäftswelt den Werbering. Die darin vertretenen Mitglieder wollten mit dieser Initiative die Stadt als Einkaufsstätte attraktiver machen. Fazit nach 50 Jahren? Für die erste Vorsitzende Petra Forstpointner gibt es viele Antworten

Ü
ber 170 Mitglieder aus allen Branchen gehören heute dem Werbering an. Mit seinen Aktivitäten sieht sich dieser im Vergleich mit anderen Städten weit über dem Durchschnitt – nicht nur, was die Zahl der Aktionen betrifft, sondern vor allem, was die außergewöhnlich hohe Einsatzfreudigkeit der Mitglieder betrifft. In seiner Satzung sieht es der Verein als seine Aufgabe an, die Stadt Burghausen als Einkaufsstadt und Fremdenverkehrsort attraktiver zu machen. Wir sprachen mit Petra Forstpointner, die heute als erste Vorsitzende des Vereins fungiert.
Frau Forstpointner, welche Aufgaben verfolgt der Werbering Burghausen?
Betrachtet man eine Stadt wie ein Produkt, wird schnell klar, dass auch Kommunen eine Vermarktung brauchen. Diese soll das Image der Stadt unterstützen und deren Attraktivität vermitteln. Der Werbering setzt sich intensiv damit auseinander, was Burghausen ausmacht, und wie er die Vorteile an Bürger und Besucher der Stadt sowie an die Einzelhändler und andere Unternehmen vermitteln kann. Dazu bedienen wir uns spezieller Werbemaßnahmen, wie Veranstaltungen mit Werbecharakter und reine Werbemaßnahmen, um Burghausen als Einkaufsstadt und Fremdenverkehrsort attraktiver zu machen. Dazu gehört aber auch, geeignete Vorschläge, die unserer Aufgabe und unseren Leitgedanken dienlich sind, der Stadtverwaltung Burghausen zu unterbreiten. Seit seinem Bestehen befindet sich unser Werbering mit all seinen Aktivitäten im Vergleich mit anderen Städten weit über dem Durchschnitt – nicht nur, was die Zahl der Aktionen betrifft, sondern vor allem die außergewöhnlich hohe Einsatzfreudigkeit der Mitglieder. Darauf sind wir schon ein wenig stolz, und auf diesem Wege wollen wir auch unsere weitere Zukunft aufbauen. 
Was natürlich angesichts der nicht gerade rosigen Aussichten für den Einzelhandel immer schwerer zu werden scheint.
Die Rahmenbedingungen des Einzelhandels haben sich in den letzten Jahren sehr massiv verändert. Ursachen dafür gibt es viele: Neue Wettbewerber im eCommerce, damit einhergehende Veränderung des Käuferverhaltens, gesellschaftlicher Wandel sowie neue Lebensmodelle der Konsumenten, um nur einige zu nennen. Strukturen, Prozesse und Werteflüsse werden durch diesen Wandel anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Einige der etablierten Einzelhändler sind dabei unter Druck ge-raten, viele andere aber haben es auch geschafft, mit neuen Ideen und Produkten, mit fachlich versierter Beratung, mit Top-Auswahl und Qualität sowie perfektem Service zu punkten und ihre Marktpräsenz zu festigen. Unter diesen Gesichtspunkten sehe ich in meiner Eigenschaft als Vor­sitzende des Werberings, aber auch als Inhaberin eines traditionsreichen Burghauser Fachgeschäfts durchaus positiv in die Zukunft.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der WiFög?
Sehr gut. Wir ziehen ja schließlich alle an einem Strang. Allein die Leerstandsquote möglichst gering zu halten, ist ja sehr wichtig für uns, denn sie garantiert den Kunden ein breites Handelsangebot und eine gute Auslastung mit attraktivem Angebot. Beste Voraussetzungen also für starke Kundenströme.
Dann schauen wir mal zurück auf die Anfänge. 
Der Werbering wurde im September 1967 auf Anregung des damaligen Gewerbeverbandsvorsitzenden Gustl Geith ins Leben gerufen. Auch der Chefredakteur des Burghauser Anzeigers, Siegfried Hollstein, hatte seinerzeit schon für diese Idee geworben und später auch den Tipp für den richtigen Festwirt gegeben. Als erster Sprecher wurde seinerzeit Walter Oberhorner, seines Zeichens Geschäftsführer des Kaufhauses Engl gewählt, gefolgt von Thorsten Schmidt, zu dessen Verdiensten es unter anderem gehört, dem Burghauser Volksfest den Namen „Mai-Wies’n“ zu geben und es den Burghauser Bürgern näher zu bringen. Schmidt hatte auch die Idee für den Autoaufkleber „I like Burghausen“, welcher bis in die 1980er Jahre verteilt wurde. In den Jahren 1972 bis 1994 folgte ihm dann Anton Unterstaller als 1. Vor­sit­zen­der im Amt nach, er war ebenfalls ein Verfechter der „Mai-Wies’n“ und jahrelang ein umtriebiger Ideenlieferant für den Werbering, bevor Hanni Hilscher 1994 die Rolle der ersten Vorsitzenden für 16 Jahre übernahm und heute noch als Ehrenvorsitzende dem Werbering dienlich ist. Hilscher etablierte unter anderem ein Weinzelt und den Kinderzug zur „Mai-Wies’n“, sowie „Pasta e musica“, Nacht der lebenden Schaufenster, den Burghauser Advent mit Straßentheater. Jeder dieser Vorsitzenden hat den Verein auf seine eigene Art geprägt und mit neuen Ideen dazu beigetragen, Burghausen als Einkaufsstadt immer wieder neu in Szene zu setzen.
Seit Oktober 2010 bekleiden Sie nun diese Rolle. Was war Ihre Motivation?
Ich war als Inhaberin eines Lederwarenfachgeschäftes schon aus eigenem Interesse motiviert, an der Steigerung der Attraktivität des Burghauser Einzelhandels mitzuwirken. Heute schätze ich meine Arbeit, da sie sehr konkret und praxisorientiert ist, aber gleichzeitig auch sehr viele Möglichkeiten bietet, Neues zu entwickeln und kreativ zu sein. Zudem hat meine Arbeit auch viel mit Kommunikation und der Zusammenarbeit mit Menschen, Händlern, Bürgern, Kulturschaffenden und Vertretern anderer Vereine zu tun. Das macht einfach Spaß! Es versteht sich natürlich von selbst, dass ich nicht alleine alle Aufgaben bewältigen könnte, die den Werbering betreffen. Eine gut aufgestellte, kompetente Vorstandsmannschaft gehört einfach dazu. Dazu zählen als zweite Vorsitzende Astrid Reisinger-Weinmüller, die Geschäftsführerin Irene Gessenharter sowie die Vorstandsmitglieder Rainer Auer, Peter Mayer, Alfons Mayrhofer, Alexander Lochner, Markus Wohlmannstetter, Andreas Kampitsch, Christian Baumgartner sowie Alexander Geith als Vertreter des Ortsverbandes Burghausen des Deutschen Gewerbeverbandes.
Schnittstelle zu sein zwischen Stadt, Bürgern und Händlern bietet auch Raum für Konflikte. 
Hin und wieder sind wir auch als Moderator oder Mediator für Bürger, Händler, Wirtschaft, Politik und Verwaltung gefragt, wobei wir die Rolle des Lobbyisten darstellen und dabei versuchen, die unterschiedlichen Interessen zu koordinieren. Man muss einfach an einem Strang ziehen.
Da bietet sich die Frage nach der Zusammenarbeit mit Bürgermeister Hans Steindl an. 
Wir haben das große Glück, in einer wirtschaftlich sehr gesunden Stadt zu leben, und das macht auch die Zusammenarbeit mit Hans Steindl sehr leicht. Hans Steindl führt die Geschicke der Stadt seit mehr als 25 Jahren sehr erfolgreich und es war ihm immer ein Anliegen, die Wirtschaft insbesondere in dieser Stadt, aber auch in der Region zu fördern. Er denkt fast „unternehmerisch“ und hat auch die gesamte Stadtverwaltung mit den fünf ausgelagerten GmbHs auf Kurs gebracht. Hierzu gibt es im Landkreis keinen Vergleich. Natürlich gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten, aber das gehört zu einer Demokratie dazu. Wir sind Hans Steindl jedenfalls sehr dankbar dafür, unsere Anliegen betreffend immer ein offenes Ohr zu finden. 
Mit welchen Aktionen punktet der Werbering derzeit?
Zum Beispiel mit dem „Burghauser Zehner“. Vorrangig geht es hier da-rum, die Kundenbindung zur Burghauser Geschäftswelt zu erhöhen, denn der Burghauser Zehner wird ausschließlich bei den teilnehmenden Burghauser Betrieben akzeptiert – mittlerweile sind es schon weit über einhundert. Der Beschenkte genießt größte Freiheit bei der Wahl, was er sich kaufen möchte. Außerdem gibt es rund um den Burghauser Zehner ständig neue Aktionen, die den Anreiz für die Kunden zusätzlich erhöhen. Interessant ist der Burghauser Zehner aber auch für heimische Unternehmen, die ihre Mitarbeiter auszeichnen oder beglückwünschen möchten. Steuer- und sozialversicherungsfrei können monatlich pro Mitarbeiter 44 Euro in Form von Warengutscheinen ausgegeben werden. Vier Burghauser Zehner sind somit ein attraktives und wertvolles Geschenk, das vielseitige Verwendung in der Burghauser Einkaufsstadt und Gastronomie findet. Erhältlich ist er in der Altstadt bei der Burghauser Touristik, in der Neustadt im Bürgerhaus. Neben dem erwähnten Vorzeigemodell „Mai-Wies’n“ unterstützen wir mittlerweile jährlich ein attraktives Rahmenprogramm wie „Kinderfestzug“, die „Schussermeile in den Grüben“, veranstalten seit 25 Jahren ein Schaf­kopf­turnier, ein Streetballturnier und den Jugend-Kart­slalom, verkaufsoffenen Christi-Himmelfahrts-Tag mit Autoausstellung, Vatertagsfrühschoppen, traditionellen „Tag der Tracht“ mit Darbietungen des GTEV Almenrausch. Im Ablauf des Jahres veranstalten wir die Riesenostereiersuche extra lang mit Gewinnspiel, Swinging Sunday mit Jazzfeeling, Marktlerstraßenfest, verkaufsoffene Sonntage im September und Oktober im Rahmen des Burghauser Einkaufsherbstes in Alt- und Neustadt, traditionell zum Kirchweihsamstag ein Standkonzert am „Bauernmarkt“ und verteilen frische Bauernkiacherl an die Kunden der Einkaufsstadt. Wenn es Herbst wird in Burghausen, beginnt eine spannende Zeit. Dann verlosen wir fünf Burghauser „Golden Cards“ unter den Kunden, die in der Stadt einkaufen. Ein echtes Highlight, denn die Golden Card Burghausen berechtigt sie ein Jahr lang zum freien Eintritt in städtische Einrichtungen, Museen und in alle von der Stadt Burghausen durchgeführten Veranstaltungen, wie Theater, Meisterkonzerte, Bäderwelt, in die Wacker Arena bei Heimspielen des SVW, zum Bundesliga-Ringen, zum Besuch der Jazzwoche sowie freier Citybus-Benutzung. Attraktive Weihnachts­aktionen wie Bildbände, Kochbücher, Shopper, Schirme, Burghauser Zehner und vieles andere mehr mit jährlich rund 1.200 Sofortgewinnen und 1.000 freien Eintritten in das Burghauser Erlebnisbad machen den Weihnachtseinkauf in Burghausen zum Erlebnis. Es versteht sich von selbst, dass wir ständig versuchen, neue Aktionen ins Leben zu rufen. Die Vorstandschaft trifft sich regelmäßig, um darüber zu beraten und die Erfolge auszuwerten.
Thema Strukturwandel im Einzelhandel. Was bewegt Sie bei diesem Thema?
Zunächst einmal ist Eigeninitiative und Aktionismus wichtig, um moderne Konzepte in die Stadt zu tragen. Bei klein- und mittelständischen Unternehmen lassen sich auch Gewinner identifizieren, die den Strukturwandel für sich als Chance wahrnehmen konnten. Erfolgsfaktoren sind hierbei Konsistenz und Detailgrad der ergriffenen Maßnahmen. Nur diejenigen, die die für sie spezifischen Möglichkeiten lückenlos und klar strukturiert aufarbeiten, können gezielte, konkrete Maßnahmen ableiten und diese auch konsequent umsetzen. Aber auch der Verbraucher selbst ist gefragt. Wenn irgendwo wieder ein traditionsreiches Geschäft seine Pforten schließt, weil es sich finanziell nicht mehr rechnet, sind die „Beileidsbekundungen“ immer groß. Doch wenn man hinterfragt, wann man dort das letzte Mal einkaufen war, folgt Achselzucken. In vielen Städten ist es auch mittlerweile so, dass man sich eines Verkehrsmittels bedienen muss, um die Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen zu können. Wir hier in Burghausen sind davon Gott sei Dank nicht betroffen, denn wir bieten auf kurzen Wegen immer noch alles für den persönlichen Bedarf. Selbst der Lebensmittelhandel, der sich anderswo schon längst aus den Stadtzentren verabschiedet hat, ist hier in Burghausen noch präsent. Und da, wo es finanziell wirklich notwendig und für die Bürger der Stadt wichtig ist, wie beispielsweise beim Lebensmittelladen in den Grüben, greift die Stadtverwaltung ein, die dazu spezielle Programme hat. Was mir wichtig ist: Es ist der Einzelhandel, der das Herz einer Stadt prägt und der sie seit jeher mit buntem Leben erfüllt. Wer sorgt für lebendige Abwechslung, dekoriert Schaufenster für einen Einkaufsbummel und gibt den Menschen Gelegenheit sich auszutauschen, miteinander zu kommunizieren, wenn man unterwegs ist in der Stadt? Stellen Sie sich mal vor, die Stadtzentren würden so verwaisen, wie es in manchen Trabantenstädten bereits der Fall ist. Da sehe ich schwarz für das Miteinander der Menschen. Und auch wenn es um die Nachhaltigkeit geht, sollte sich der Verbraucher schon mal überlegen, ob es immer sinnvoll ist, sich Pakete vor die Türe fahren zu lassen. Über die Bereitstellung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie die Zahlung von Gewerbesteuern durch unsere mittelständischen Betriebe will ich erst gar nicht anfangen nachzudenken.
Frau Forstpointner, besten Dank für das Gespräch.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG