Kalender
Atom Uhr

OTTO SCHMIDBAUER

EDEKA-Vorstand

Edition: Trostberg 1995

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Als Direktor der Edeka Trostberg zieht er erfolgreich sämtliche Fäden dieses Unternehmens. In Fachkreisen Finden seine Fachkenntnisse große Beachtung, sein Verhandlungsgeschick ist legendär und seine Innovation und Leistungsbereitschaft sind Vorbilder für über 1500 Mitarbeiter. Otto Schmidbauer ist sicherlich kein einfacher Mensch, aber das ist wesentlich Bestandteil der Voraussetzung, die er erfüllen muss, um die Genossenschaft selbständiger Kaufleute erfolgreich führen zu können. Die STADTBROSCHÜRE erfuhr in diesem Interview, welche Ziele er noch hat, was Erfolg für ihn bedeutet und wie er über seine Frau, seine Arbeit, über Geld, Politiker und das vereinte Europa denkt.

 

 

Herr Schmidbauer, fangen wir klein an. Erklären Sie uns die Zukunft.

Die Zukunft wird geprägt sein von einer Internationalisierung in nahezu allen Bereichen des Lebens, der Wirtschaft und der Kultur. Grenzen sind ein Relikt der Vergangenheit. Wie ich hoffe, auch bald in den Gehirnen der Menschen, auch wenn es derzeit nicht so scheint. 

EDEKA könnte auch stehen für Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, Ehrlichkeit, Kaufvergnügen, Auswahl. Gefällt Ihnen diese Ausführung?

Eigentlich nicht. Die EDEKA ist ein genossenschaftliches Unternehmen, ein Zusammenschluß selbständiger Kaufleute. Hier treffen die Begriffe Durch- haltevermögen, Ehrlichkeit unter anderem sicherlich zu, aber keineswegs blinder Ehrgeiz, sondern primär Verantwortung für unsere Kaufleute und Kunden.

Das beziehen wir eigentlich auf Ihre Person.

Bei mir ist sicherlich eine gehörige Portion Ehrgeiz mit im Spiel, aber das gehört in einem verantwortungsvollen Job automatisch mit dazu. Was wäre ein Leben ohne Ehrgeiz? 

Können Sie uns kurz Ihren beruflichen Werdegang schildern?

Der ist sehr einfach. Geboren bin ich in Trostberg, aufgewachsen in Traunstein, dort besuchte ich das Gymnasium. Mein Studium das ich in München absolvierte, beendete ich mit der Prüfung zum Diplom-Kaufmann. Hier in Trostberg begann ich 1965 als Assistent der Geschäftsleitung, 1970 wurde ich Betriebsleiter, seit 1975 gehöre ich dem Vorstand an und einige Jahre später wurde ich dann Vorstandsvorsitzender.

Vor etlichen Jahren kritisierten wir Sie in einem Bericht über die EDEKA mit der Bemerkung, daß viele Kleinunternehmer die der EDEKA angehörten, Konkurrenz aus der eigenen Genossenschaft erhielten, in dem man Ihnen EDEKA-Supermärkte vor die Nase setzte. Seitdem waren wir nicht mehr so gerne in Ihrem Hause gesehen. Was war daran falsch?

Einfach alles, und damit Sie zukünftig keine Irrtümer veröffentlichen, möchte ich Ihnen dies kurz erklären: Die EDEKA Trostberg besteht aus 398 Mitgliedern mit 515 selbständigen Betrieben. Dazu kommen 28 Regiebetriebe der EDEKA-Markt GmbH, sowie 23 Betriebe der EDEKA-SB-Warenhaus GmbH, einer Beteiligungsgesellschaft. Ein EDEKA-Betrieb im Airport-Center Salzburg und 6 C+C Betriebe. Die Nachbarschaftsbetriebe, die Sie auch heute noch überall finden werden, begründeten zwar dieses Unternehmen, aber einige davon ver- schwanden natürlich im Laufe der Zeit, weil einfach das Nachfolgerproblem ungelöst blieb. Sie wissen doch selbst, wie oft es vorkommt, daß der von den Eltern aufgebaute Betrieb nicht von den Kindern weitergeführt wird. Und genau das ist das Problem, das Sie damals falsch interpretiert haben. Hätten wir die Märkte nicht gebaut, dann hätten wir die Zukunft unserer Genossenschaft nicht im Auge gehabt, wichtiges Kundenpotential wäre verlorengegangen. Ich habe heute Nachmittag die erfreuliche Aufgabe, Schecks zu unterschreiben, die alle unsere Mitgliedsunternehmen am Ergebnis der Genossenschaft beteiligen. Keine unbeträchtlichen Summen im übrigen, vor allem deshalb, weil 1994 das erfolgreichste Jahr seit Bestehen der EDEKA Trostberg zu verzeichnen war. Und ohne unseren Weitblick hinsichtlich unserer Verkaufsstruktur gebe es mit Sicherheit für unsere Mitglieder keine Dividenden mehr in dieser Höhe. 

In Ingolstadt befindet sich das nächste EDEKA- Unternehmen, München haben Sie ja bereits geschluckt, wie man so schön sagt. Ist Ingol- stadt Ihr nächstes Ziel? 

Mit der EDEKA Südbayern in Ingolstadt haben wir eine strategische Allianz im Einkauf geschlossen. Wir kaufen nur zusammen ein, mehr verbindet uns nicht, mehr wollen wir auch nicht, auch wenn wir die Möglichkeit dazu hätten.

Wie sind Ihre Gebietsgrenzen abgesteckt?

Vom Ammersee inklusive dem Großraum München bis zum Königssee, im Norden abgegrenzt in etwa der Linie Fürstenfeldbruck - Simbach.

Achtet der Verbraucher heute mehr auf die Qualität oder auf den Preis?

Sowohl als auch.

Erfahrungsgemäß trägt der Name eines Markenartikels zum Kauf ganz entscheidend bei, oder? 

Hier wird sich aber in der Zukunft einiges ändern. Die Handelsmarken erhalten eine weitaus höhere Bedeutung als die Markenartikel.

Wo liegt da der Unterschied?

Handelsmarken unterscheiden sich von Markenartikeln eigentlich nur durch die Namensgebung des Produktes und der Verpackung. Handelsmarken werden exklusiv nur für ein bestimmtes Unternehmen produziert. Der Inhalt beider Verpackungen ist oftmals gleich, nur der Preis der Handelsmarken ist günstiger. Gefertigt werden diese Handelsmarken natürlich von renommierten Firmen. 

Wie lautet Ihre Unternehmensphilosophie?

Ein möglichst breites Sortiment zum günstigsten, beziehungsweise ehrlichen Preis.

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern außer Leistung?

Vertrauen und Kooperation. Diese Grundsätze pflegen wir hier mit Nachdruck. Nach meinem Verständnis, die Basis unseres Erfolges.

Kennen Sie Unsicherheit?

Gelegentlich ja, wie eigentlich jeder Mensch.

Welchen Kunden wünschen Sie sich noch?

Wir haben einen sehr hohen Marktanteil, bestehend aus allen Kundenschichten. Wir wünschen uns aber natürlich immer neue Kunden hinzu, ganz gleich welcher Art. 

Sind Sie süchtig nach Erfolg?

Süchtig nein, aber deutlich erfolgsorientiert. Ohne Erfolg läßt es sich schwer leben.

Warum ist die Akzeptanz des Unternehmers in den USA besser?

Gute Frage. In Amerika wird beneidet, bei uns geneidet. Es gibt da einige Jahre in Deutschland, die wir leider nicht zurückdrehen können. Nach 1969 wurde der Begriff “Sozial” immer mehr strapaziert. Und das fast immer zu Lasten der Unternehmer, von denen man seitdem eine klischeehafte Vorstellung hat. Die Meinung über Unternehmer besteht doch im Großen und Ganzen aus den Begriffen “Geld” und “Macht”, kaum einmal der Hinweis auf Verantwortung, Innovation, Leistungsbereitschaft und den Verzicht auf geregelte Arbeitszeiten. 

Haben es Frauen als Unternehmer schwerer als Männer?

Ich glaube nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Schon hinsichtlich der Rücksichtnahme die man als Mann einer Frau gegenüber, gut erzogen, wie er glaubt zu sein, entgegenbringt, führt doch oft zu deren Vorteil. Auch wenn das die eine oder andere Dame jetzt wieder nicht so gerne hören möchte, aber es ist wirklich so. 

Wie kommen Sie mit Konkurrenz-Unternehmen klar?

Problemlos. Ich habe ein sehr reges “rotes Telefon”.

Was verbindet Sie mit Trostberg?

Mein Geburtsort.

Hat die Stadtverwaltung Ihrer Meinung nach den richtigen Draht zu Ihnen und würden Sie hier als Bürgermeister kandidieren?

Wir pflegen ein höfliches Verhältnis. In Traunstein, wo wir bekanntlich unseren zwischenzeitlich wichtigsten Geschäftsbereich -Frischwarenbetreiben, ist das Klima allerdings deutlich harmonischer. Dort hat man sehr schnell begriffen, daß wir als potentes Unternehmen wesentlich zu einer erfolgreichen Entwicklung der Stadt beitragen. Und nun zu Ihrer wohl provokativen Frage nach meinen kom- munalpolitischen Ambitionen. Ich kann nicht mit Funktionären arbeiten. Es reicht eben nicht aus, gelesen zu haben, der Ball sei rund. Man muß ihn wohl schon einmal selbst gespielt haben. Unter diesem Gesichtspunkt überlasse ich dieses Spielfeld gerne Berufeneren. 

Welchen Stellenwert hat für Sie Umweltschutz?

Schon einen sehr hohen. 

Wie lange arbeiten Sie täglich?

Jedenfalls zweimal 35 Stunden in der Woche. 

Haben Sie einen Wunsch-Nachfolger?

Ist bereits designiert und arbeitet seit Jahren erfolgreich mit mir im Vorstand zusammen.

Welche Voraussetzungen muß man erfüllen, um in Ihrer Branche gut zu sein?

Fachwissen natürlich, im übrigen voraussehendes Denken und die Fähigkeit, in Szenarien denken zu können. Außerdem die Gabe, eventuelle Markt- entwicklungen im Ansatz zu erkennen um rechtzeitig Alternativen parat zu haben. Agieren statt Reagieren ist immer von Vorteil.

Was haben Sie heute geträumt?

Ich träume nie, Entweder ich bin hellwach, oder ich schlafe fest.

Wie war Otto Schmidbauer als Kind und welche Ansprüche stellte man damals an Sie?

Mein Vater starb sehr früh und während des Krieges, den ich ja auch miterlebt habe, wurde schon sehr früh Selbständigkeit von mir verlangt.

Wie reagierten denn die Mädchen auf den jungen Schmidbauer?

Da müßen Sie schon die Mädchen fragen.

Können Sie sich noch an Ihre erste Liebe erinnern?

Ja sicher.

Wenn Sie ein Tier wären, welches Tier wären Sie gerne?

Das ist eine nette Frage. Ich wäre gerne Katze bei Schmidbauers, denn unsere Katze ist wohl das meistverwöhnteste Wesen in unserem Haus.

Wie gehen Sie mit Kritik um und was bringt Sie aus der Fassung?

Sachliche Kritik nehme ich sehr ernst, Polemik nehme ich gar nicht zur Kenntnis und aus der Fassung bringen mich nur Dummheit und mangelnde Fähigkeit zum Mitdenken.

Sensibel?

Ja, im weitesten Sinne des Wortes sogar sehr.

Sie wurden vor kurzem 58 Jahre alt. Wird da eigentlich anderes außer der Karriere wichtig, wenn man älter wird?

Auf jeden Fall. 

Läßt die Kondition schon etwas nach?

Eigentlich nicht, glaube ich zumindest.

Und wie steht’s mit der Midlifecrisis?

Ist überwunden.

Aber es gibt noch einiges, was Sie reizen würde?

Sicherlich. Aber das hebe ich mir für später auf. 

Wie definieren Sie Lebensqualität?

Zufriedenheit.

Könnten Sie sich vorstellen, ein Buch zu schreiben?

Eine zwar reizvolle Idee, aber ich hätte dann wohl nur noch ganz wenige Freunde.

Wie muß man sich Otto Schmidbauer vorstellen, wenn er nicht arbeitet?

In Jeans.

Was bedeutet Ihre Frau für Sie?

Basis eines lebenswerten Daseins.

Haben Sie viele Freunde?

Eher wenige, dafür aber sehr gute.

Direktor eines so bedeutenden Unternehmens zu sein wirft Spe- kulationen auf. Darf man Sie als wohlhabend bezeichnen?

Das ist relativ zu sehen.

Wen mögen Sie lieber, Kohl, Scharping oder Gysi. Oder gar keinen?

Wen ich nicht mag, können Sie sich vielleicht denken. Im Zweifelsfall bevorzuge ich dann noch Kohl. Meine politische Auffassung ist als liberal zu bezeichnen.

Wann waren Sie das letzte Mal im Kino?

Weiß ich gar nicht mehr, die letzten zehn Jahre bestimmt nicht.

Was sind für Sie die drei wichtigsten Dinge in Ihrem Leben?

Das beantworte ich Ihnen jetzt nicht mehr, das wird mir zu privat. 

Was würden Sie ändern, wenn Sie die Welt verändern könnten?

Das Verständnis für Fehler verbessern, die in der Geschichte der Menschheit begangen wurden, um Fehler in der Zukunft zu vermeiden.

Hinter uns liegen 20 Jahre Emanzipation. Machen Ihnen die neuen selbstbewußten Frauen Angst?

Nein, im Gegenteil.

Angenommen, Sie erhalten ein Paket eines Versandhauses aus Flensburg, daß Sie gar nicht bestellt haben. Würden Sie hineinsehen?

Aber selbstverständlich.

Was ist für Sie männlich?

Das ist auch wieder so eine Frage, die nach Klischeeantworten schreit. Ich für meinen Teil finde Toleranz männlich. 

Dürfen Männer weinen?

Ja.

Wann haben Sie das letzte Mal geweint?

Als meine Mutter verstorben ist.

Sind Sie gläubig?

Zu Amtskirchen habe ich ein nachhaltig gestörtes Verhältnis, umso mehr fühle ich mich christlichen Werten verpflichtet. Die zehn Gebote reichen eigentlich auch unkommentiert für das Zusammenleben der Menschen aus.

Hat Otto Schmidbauer Schwächen?

Freilich, wie jeder von uns.

Was amüsiert Sie?

Gutes Kabarett und feinsinniger Humor, gepaart mit Intelligenz in der Ausdrucksform.

Was lesen Sie zu Ihrer Unterhaltung?

Ich lese leider viel zu wenig.

Gibt es ein geschäftliches Traumziel, daß Sie mit Ihrem Unter- nehmen noch verwirklichen wollen?

Die konstante Weiterentwicklung und Festigung des Unternehmens, für das ich mich in all den vielen Jahren eingesetzt habe. 

Und welchen Traum würden Sie sich persönlich gerne erfüllen?

Ich sagte bereits, daß ich mir für später noch etwas aufgehoben habe, aber darüber möchte ich mich jetzt noch nicht äußern. Fragen Sie mich in ein paar Jahren danach. 

Macht Ihnen die Arbeit noch Freude? Oder wandelt Sie hin und wieder schon der Verdacht an, es könnte ein Leben ohne Arbeit geben?

Meine Arbeit füllt mich total aus und sie macht mir noch sehr viel Freude. Ein Leben ohne sinnvolle Aufgabe könnte ich mir gar nicht vorstellen. 

Stichwort Arbeitslosigkeit. Gibt es dagegen noch ein Rezept?

Sie lesen doch jeden Tag in der Zeitung, was bei uns los ist. Ich bin der Meinung, wir müßten wieder auf den Boden der Realität zurückfinden. Tat- sache ist doch, das maßlose Forderungen, wie wir sie beispielsweise im Moment in den Tarifkonflikten erleben, zwangsläufig zu Rationalisierungen führen, was bedeutet, daß es zukünftig noch mehr arbeitslose Menschen geben wird.

Sollte man sich gegen Billigproduzenten aus Fernost wehren?

Wie wollen Sie das denn machen? Erstens ist das nicht möglich, zweitens sollten wir uns schnellstmöglichst wieder unserer weltweit anerkannten Zuverlässigkeit erinnern, aber bitte doch zu akzeptablen Bedingungen. Sie werden sehen, das hilft uns schon sehr. 

Zum Schluß nennen wir noch zehn Begriffe, sie sagen uns bitte, was Ihnen dazu einfällt: Geld?

Erforderlich.

Frauen?

Unverzichtbar.

Intelligenz?

Durchaus überall aufspürbar, doch leider häufig nicht dort, wo man sie vermuten sollte oder unterstellt.

Alter?

Wenn es mit Gesundheit verbunden ist, erstrebenswert.

Familie?

Grundlage eines jeden Lebens.

Vereintes Europa?

Die wesentlichste Entwicklung in unserer politischen Geschichte.

Bayern?

Wesentlicher Bestandteil meiner Weltanschauung. 

Tod?

Zu privat.

Freizeit?

Leider zu wenig.

EDEKA?

Meine Aufgabe.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG