Als
Direktor der Edeka Trostberg zieht er erfolgreich sämtliche Fäden dieses
Unternehmens. In Fachkreisen Finden seine Fachkenntnisse große Beachtung,
sein Verhandlungsgeschick ist legendär und seine Innovation und
Leistungsbereitschaft sind Vorbilder für über 1500 Mitarbeiter. Otto
Schmidbauer ist sicherlich kein einfacher Mensch, aber das ist wesentlich
Bestandteil der Voraussetzung, die er erfüllen muss, um die Genossenschaft
selbständiger Kaufleute erfolgreich führen zu können.
Die STADTBROSCHÜRE erfuhr in diesem Interview, welche Ziele er noch hat,
was Erfolg für ihn bedeutet und wie er über seine Frau, seine Arbeit,
über Geld, Politiker und das vereinte Europa denkt.
Herr Schmidbauer, fangen wir klein an. Erklären Sie uns die
Zukunft.
Die Zukunft wird geprägt sein von einer
Internationalisierung in nahezu allen Bereichen des Lebens, der Wirtschaft und der Kultur. Grenzen sind ein Relikt der Vergangenheit. Wie ich hoffe, auch bald in den Gehirnen der Menschen, auch wenn es derzeit nicht so scheint.
EDEKA könnte auch stehen für Ehrgeiz, Durchhaltevermögen, Ehrlichkeit, Kaufvergnügen, Auswahl. Gefällt Ihnen diese Ausführung?
Eigentlich nicht. Die EDEKA ist ein genossenschaftliches
Unternehmen, ein Zusammenschluß selbständiger Kaufleute. Hier treffen die Begriffe
Durch- haltevermögen, Ehrlichkeit unter anderem sicherlich zu, aber keineswegs blinder Ehrgeiz, sondern primär Verantwortung für unsere Kaufleute und
Kunden.
Das beziehen wir eigentlich auf Ihre Person.
Bei mir ist sicherlich eine gehörige Portion Ehrgeiz mit im Spiel, aber das gehört in einem verantwortungsvollen Job automatisch mit dazu. Was wäre ein Leben ohne Ehrgeiz?
Können Sie uns kurz Ihren beruflichen Werdegang
schildern?
Der ist sehr einfach. Geboren bin ich in Trostberg, aufgewachsen in
Traunstein, dort besuchte ich das Gymnasium. Mein Studium das ich in München absolvierte,
beendete ich mit der Prüfung zum Diplom-Kaufmann. Hier in Trostberg begann ich 1965 als
Assistent der Geschäftsleitung, 1970 wurde ich Betriebsleiter, seit 1975 gehöre ich dem Vorstand an und einige Jahre später wurde ich dann
Vorstandsvorsitzender.
Vor etlichen Jahren kritisierten wir Sie in einem Bericht über die EDEKA mit der Bemerkung, daß viele Kleinunternehmer die der EDEKA angehörten, Konkurrenz aus der eigenen Genossenschaft
erhielten, in dem man Ihnen EDEKA-Supermärkte vor die Nase setzte. Seitdem waren wir nicht mehr so gerne in Ihrem Hause gesehen. Was war daran
falsch?
Einfach alles, und damit Sie zukünftig keine Irrtümer veröffentlichen, möchte ich Ihnen dies kurz erklären: Die EDEKA Trostberg besteht aus 398
Mitgliedern mit 515
selbständigen Betrieben. Dazu kommen 28 Regiebetriebe der EDEKA-Markt GmbH, sowie 23 Betriebe der
EDEKA-SB-Warenhaus GmbH, einer Beteiligungsgesellschaft. Ein EDEKA-Betrieb im Airport-Center Salzburg und 6 C+C Betriebe. Die
Nachbarschaftsbetriebe, die Sie auch heute noch überall finden werden, begründeten zwar dieses Unternehmen, aber einige davon
ver- schwanden natürlich im Laufe der Zeit, weil einfach das
Nachfolgerproblem ungelöst blieb. Sie wissen doch selbst, wie oft es vorkommt, daß der von den Eltern aufgebaute Betrieb nicht von den Kindern weitergeführt wird. Und genau das ist das Problem, das Sie damals falsch interpretiert haben. Hätten wir die Märkte nicht gebaut, dann hätten wir die Zukunft unserer Genossenschaft nicht im Auge gehabt, wichtiges
Kundenpotential wäre verlorengegangen. Ich habe heute Nachmittag die
erfreuliche Aufgabe, Schecks zu unterschreiben, die alle unsere Mitgliedsunternehmen am
Ergebnis der Genossenschaft beteiligen. Keine unbeträchtlichen Summen im übrigen, vor allem deshalb, weil 1994 das erfolgreichste Jahr seit Bestehen der EDEKA Trostberg zu verzeichnen war. Und ohne unseren
Weitblick hinsichtlich unserer Verkaufsstruktur gebe es mit Sicherheit für unsere
Mitglieder keine Dividenden mehr in dieser Höhe.
In Ingolstadt befindet sich das nächste EDEKA-
Unternehmen, München haben Sie ja bereits geschluckt, wie man so schön sagt. Ist
Ingol- stadt Ihr nächstes Ziel?
Mit der EDEKA Südbayern in Ingolstadt haben wir eine
strategische Allianz im Einkauf geschlossen. Wir kaufen nur zusammen ein, mehr verbindet uns nicht, mehr wollen wir auch nicht, auch wenn wir die Möglichkeit dazu hätten.
Wie sind Ihre Gebietsgrenzen abgesteckt?
Vom Ammersee inklusive dem Großraum München bis zum
Königssee, im
Norden abgegrenzt in etwa der Linie Fürstenfeldbruck - Simbach.
Achtet der Verbraucher heute mehr auf die Qualität oder auf den
Preis?
Sowohl als auch.
Erfahrungsgemäß trägt der Name eines Markenartikels zum Kauf ganz entscheidend bei, oder?
Hier wird sich aber in der Zukunft einiges ändern. Die
Handelsmarken erhalten eine weitaus höhere
Bedeutung als die Markenartikel.
Wo liegt da der Unterschied?
Handelsmarken unterscheiden sich von Markenartikeln eigentlich nur durch die Namensgebung des Produktes und der Verpackung.
Handelsmarken werden exklusiv nur für ein bestimmtes Unternehmen produziert. Der Inhalt beider
Verpackungen ist oftmals gleich, nur der Preis der Handelsmarken ist günstiger.
Gefertigt werden diese Handelsmarken natürlich von renommierten Firmen.
Wie lautet Ihre Unternehmensphilosophie?
Ein möglichst breites Sortiment zum günstigsten, beziehungsweise ehrlichen
Preis.
Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern außer
Leistung?
Vertrauen und Kooperation. Diese Grundsätze pflegen wir hier mit Nachdruck. Nach meinem Verständnis, die Basis unseres
Erfolges.
Kennen Sie Unsicherheit?
Gelegentlich ja, wie eigentlich jeder Mensch.
Welchen Kunden wünschen Sie sich noch?
Wir haben einen sehr hohen Marktanteil, bestehend aus allen
Kundenschichten. Wir wünschen uns aber natürlich immer neue Kunden hinzu, ganz gleich welcher Art.
Sind Sie süchtig nach Erfolg?
Süchtig nein, aber deutlich erfolgsorientiert. Ohne Erfolg läßt es sich schwer
leben.
Warum ist die Akzeptanz des Unternehmers in den USA
besser?
Gute Frage. In Amerika wird beneidet, bei uns geneidet. Es gibt da einige Jahre in Deutschland, die wir leider nicht zurückdrehen können. Nach 1969 wurde der Begriff “Sozial” immer mehr strapaziert. Und das fast immer zu Lasten der Unternehmer, von denen man seitdem eine klischeehafte Vorstellung hat. Die Meinung über Unternehmer besteht doch im Großen und Ganzen aus den Begriffen “Geld” und “Macht”, kaum einmal der Hinweis auf Verantwortung, Innovation,
Leistungsbereitschaft und den Verzicht auf geregelte Arbeitszeiten.
Haben es Frauen als Unternehmer schwerer als Männer?
Ich glaube nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Schon hinsichtlich
der Rücksichtnahme die man als Mann einer Frau gegenüber, gut erzogen, wie er glaubt zu sein, entgegenbringt, führt doch oft zu deren Vorteil. Auch wenn das die eine oder andere Dame jetzt wieder nicht so gerne hören möchte, aber es ist wirklich so.
Wie kommen Sie mit Konkurrenz-Unternehmen klar?
Problemlos. Ich habe ein sehr reges “rotes Telefon”.
Was verbindet Sie mit Trostberg?
Mein Geburtsort.
Hat die Stadtverwaltung Ihrer Meinung nach den richtigen Draht zu Ihnen und würden Sie hier als Bürgermeister
kandidieren?
Wir pflegen ein höfliches Verhältnis. In Traunstein, wo wir
bekanntlich unseren zwischenzeitlich wichtigsten Geschäftsbereich
-Frischwarenbetreiben, ist das Klima allerdings deutlich harmonischer. Dort hat man sehr schnell
begriffen, daß wir als potentes Unternehmen wesentlich zu einer erfolgreichen
Entwicklung der Stadt beitragen. Und nun zu Ihrer wohl provokativen Frage nach meinen
kom- munalpolitischen Ambitionen. Ich kann nicht mit Funktionären arbeiten. Es reicht eben nicht aus, gelesen zu haben, der Ball sei rund. Man muß ihn wohl schon einmal selbst gespielt haben. Unter diesem Gesichtspunkt überlasse ich dieses Spielfeld gerne Berufeneren.
Welchen Stellenwert hat für Sie
Umweltschutz?
Schon einen sehr hohen.
Wie lange arbeiten Sie täglich?
Jedenfalls zweimal 35 Stunden in der Woche.
Haben Sie einen Wunsch-Nachfolger?
Ist bereits designiert und arbeitet seit Jahren erfolgreich mit mir im Vorstand
zusammen.
Welche Voraussetzungen muß man erfüllen, um in Ihrer
Branche gut zu
sein?
Fachwissen natürlich, im übrigen voraussehendes Denken und die Fähigkeit, in Szenarien denken zu können. Außerdem die Gabe, eventuelle
Markt- entwicklungen im Ansatz zu erkennen um rechtzeitig
Alternativen parat zu haben. Agieren statt Reagieren ist immer von
Vorteil.
Was haben Sie heute geträumt?
Ich träume nie, Entweder ich bin hellwach, oder ich schlafe
fest.
Wie war Otto Schmidbauer als Kind und welche Ansprüche stellte man damals an
Sie?
Mein Vater starb sehr früh und während des Krieges, den ich ja auch miterlebt habe, wurde schon sehr früh Selbständigkeit von mir
verlangt.
Wie reagierten denn die Mädchen auf den jungen
Schmidbauer?
Da müßen Sie schon die Mädchen fragen.
Können Sie sich noch an Ihre erste Liebe erinnern?
Ja sicher.
Wenn Sie ein Tier wären, welches Tier wären Sie
gerne?
Das ist eine nette Frage. Ich wäre gerne Katze bei Schmidbauers, denn unsere Katze ist wohl das meistverwöhnteste Wesen in unserem
Haus.
Wie gehen Sie mit Kritik um und was bringt Sie aus der
Fassung?
Sachliche Kritik nehme ich sehr ernst, Polemik nehme ich gar nicht zur Kenntnis und aus der Fassung bringen mich nur Dummheit und mangelnde Fähigkeit zum
Mitdenken.
Sensibel?
Ja, im weitesten Sinne des Wortes sogar sehr.
Sie wurden vor kurzem 58 Jahre alt. Wird da eigentlich anderes außer der Karriere wichtig, wenn man älter
wird?
Auf jeden Fall.
Läßt die Kondition schon etwas nach?
Eigentlich nicht, glaube ich zumindest.
Und wie steht’s mit der Midlifecrisis?
Ist überwunden.
Aber es gibt noch einiges, was Sie reizen würde?
Sicherlich. Aber das hebe ich mir für später auf.
Wie definieren Sie Lebensqualität?
Zufriedenheit.
Könnten Sie sich vorstellen, ein Buch zu schreiben?
Eine zwar reizvolle Idee, aber ich hätte dann wohl nur noch ganz wenige
Freunde.
Wie muß man sich Otto Schmidbauer vorstellen, wenn er nicht
arbeitet?
In Jeans.
Was bedeutet Ihre Frau für Sie?
Basis eines lebenswerten Daseins.
Haben Sie viele Freunde?
Eher wenige, dafür aber sehr gute.
Direktor eines so bedeutenden Unternehmens zu sein wirft Spe-
kulationen auf. Darf man Sie als wohlhabend
bezeichnen?
Das ist relativ zu sehen.
Wen mögen Sie lieber, Kohl, Scharping oder Gysi. Oder gar
keinen?
Wen ich nicht mag, können Sie sich vielleicht denken. Im Zweifelsfall bevorzuge ich dann noch Kohl. Meine politische Auffassung ist als liberal zu
bezeichnen.
Wann waren Sie das letzte Mal im Kino?
Weiß ich gar nicht mehr, die letzten zehn Jahre bestimmt
nicht.
Was sind für Sie die drei wichtigsten Dinge in Ihrem
Leben?
Das beantworte ich Ihnen jetzt nicht mehr, das wird mir zu privat.
Was würden Sie ändern, wenn Sie die Welt verändern könnten?
Das Verständnis für Fehler verbessern, die in der Geschichte der Menschheit
begangen wurden, um Fehler in der Zukunft zu vermeiden.
Hinter uns liegen 20 Jahre Emanzipation. Machen Ihnen die neuen selbstbewußten Frauen
Angst?
Nein, im Gegenteil.
Angenommen, Sie erhalten ein Paket eines Versandhauses aus
Flensburg, daß Sie gar nicht bestellt haben. Würden Sie hineinsehen?
Aber selbstverständlich.
Was ist für Sie männlich?
Das ist auch wieder so eine Frage, die nach Klischeeantworten schreit. Ich für meinen Teil finde Toleranz männlich.
Dürfen Männer weinen?
Ja.
Wann haben Sie das letzte Mal geweint?
Als meine Mutter verstorben ist.
Sind Sie gläubig?
Zu Amtskirchen habe ich ein nachhaltig gestörtes Verhältnis, umso mehr fühle ich mich christlichen Werten verpflichtet. Die zehn Gebote reichen
eigentlich auch unkommentiert für das Zusammenleben der Menschen
aus.
Hat Otto Schmidbauer Schwächen?
Freilich, wie jeder von uns.
Was amüsiert Sie?
Gutes Kabarett und feinsinniger Humor, gepaart mit Intelligenz in der
Ausdrucksform.
Was lesen Sie zu Ihrer Unterhaltung?
Ich lese leider viel zu wenig.
Gibt es ein geschäftliches Traumziel, daß Sie mit Ihrem
Unter- nehmen noch verwirklichen
wollen?
Die konstante Weiterentwicklung und Festigung des Unternehmens, für das ich mich in all den vielen Jahren eingesetzt habe.
Und welchen Traum würden Sie sich persönlich gerne erfüllen?
Ich sagte bereits, daß ich mir für später noch etwas aufgehoben habe, aber darüber möchte ich mich jetzt noch nicht äußern. Fragen Sie mich in ein paar Jahren danach.
Macht Ihnen die Arbeit noch Freude? Oder wandelt Sie hin und wieder schon der Verdacht an, es könnte ein Leben ohne Arbeit
geben?
Meine Arbeit füllt mich total aus und sie macht mir noch sehr viel Freude. Ein Leben ohne sinnvolle Aufgabe könnte ich mir gar nicht vorstellen.
Stichwort Arbeitslosigkeit. Gibt es dagegen noch ein
Rezept?
Sie lesen doch jeden Tag in der Zeitung, was bei uns los ist. Ich bin der Meinung, wir müßten wieder auf den Boden der Realität zurückfinden.
Tat- sache ist doch, das maßlose Forderungen, wie wir sie beispielsweise im Moment in den
Tarifkonflikten erleben, zwangsläufig zu Rationalisierungen führen, was bedeutet, daß es zukünftig noch mehr arbeitslose Menschen geben
wird.
Sollte man sich gegen Billigproduzenten aus Fernost
wehren?
Wie wollen Sie das denn machen? Erstens ist das nicht möglich, zweitens sollten wir uns schnellstmöglichst wieder unserer weltweit anerkannten Zuverlässigkeit erinnern, aber bitte doch zu akzeptablen Bedingungen. Sie werden sehen, das hilft uns schon sehr.
Zum Schluß nennen wir noch zehn Begriffe, sie sagen uns bitte, was Ihnen dazu einfällt:
Geld?
Erforderlich.
Frauen?
Unverzichtbar.
Intelligenz?
Durchaus überall
aufspürbar, doch leider häufig nicht dort, wo man sie vermuten sollte oder
unterstellt.
Alter?
Wenn es mit Gesundheit verbunden ist, erstrebenswert.
Familie?
Grundlage eines jeden Lebens.
Vereintes Europa?
Die wesentlichste Entwicklung in unserer politischen
Geschichte.
Bayern?
Wesentlicher Bestandteil meiner Weltanschauung.
Tod?
Zu privat.
Freizeit?
Leider zu wenig.
EDEKA?
Meine Aufgabe.
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