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GÜNTHER PFAFFENEDER

Vorstand des Klinikums Rosenheim

Edition: Rosenheim 2004

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Günther Pfaffeneder ist Vorstand des Klinikums Rosenheim. Verleger Ralf Hansen unterhielt sich mit ihm über das Dienstleistungsangebot der Klinik, die Situation im Gesundheitswesen und über sein persönliches Aufgabengebiet.

Ein Krankenhausaufenthalt ist in den meisten Fällen mit persönlicher Sorge, Unsicherheit und manchmal auch Angst verbunden. Ärzte und Pflegekräfte, die technischen Dienste, Küche und Wirtschaftsdienste sowie alle sonstigen Mitarbeiter des Klinikums Rosenheim sind deshalb bestrebt, durch ihr Handeln eine hohe Qualität der angebotenen Dienstleistungen zum Wohle des Patienten zu erzielen. Für den reibungslosen Ablauf und das Zusammenspiel aller Geschehnisse im Klinikum zeichnet Günther Pfaffeneder verantwortlich. Verleger Ralf Hansen besuchte den Klinikvorstand und führte mit ihm ein Gespräch.

 

Herr Pfaffeneder, seit zweieinhalb Jahren sind Sie als Vorstand des Klinikums Rosenheim bestellt. Welche Tätigkeiten umfaßt Ihr Aufgabengebiet?

Mein Hauptaufgabengebiet besteht darin, Mittler zu sein zwischen der Ökonomie eines Krankenhauses und der Medizin sowie der Pflege. Diese Dinge waren in der Vergangenheit noch Gegensätze, sind aber mittlerweile gut zusammengewachsen. Die jahrelange finanzielle Deckelung in den Krankenhäusern hat auch die Ärzte zum ökonomischen Denken veranlaßt und auch Krankenhausmanager denken mittlerweile patientenorientiert.

Wo sehen Sie die besonderen Stärke des Klinikums?

Das Klinikum Rosenheim ist mit allen wesentlichen Fachabteilungen, die zur Ver- sorgung der Bevölkerung notwendig sind, medizinisch bestens aufgestellt. Unsere besonderen Stärken liegen in der interdisziplinären Zusammenarbeit im Sinne einer ganzheitlichen Patientenversorgung, bei einem sehr hohen medizinisch-technischen Standard.

Das Deutsche Gesundheitswesen kränkelt. Welche Probleme beschäftigen Sie derzeit am meisten?

Das Hauptproblem das uns derzeit bewegt, ist eine sich ständig ändernde Ge- setzeslage und die für die Krankenhäuser damit verbundene, völlig fehlende Planungssicherheit. Was uns darüber hinaus bewegt, ist das Einnahmeproblem der gesetzlichen Krankenversicherungen. Das führt dazu, daß das Geld nicht der Leistung folgt, außerdem sind die neuen Verteilungs- und Abrechnungssysteme nach den »Diagnosis Related Groups«, kurz DRG genannt, extrem bürokratisch behaftet und beinhalten ein sehr hohes Streitpotential. Das führt dazu, daß unsere Ärzte in zunehmendem Maße an den Schreibtisch gefesselt werden, obwohl wir sie lieber noch mehr bei den Patienten sehen würden. Über ein gutes EDV-System und Stationskommunikationssystem versuchen wir aber, den Ärzten diese bürokratische Arbeit so leicht wie möglich zu machen. Was uns zusätzlich belastet, ist die neue Arbeitszeitgestaltung nach dem EU-Recht. Auch hier bereiten wir uns sehr ausführlich vor, so daß wir zum Zeitpunkt 1. Januar 2006 gut vorbereitet in diese neuen Arbeitszeitmodelle gehen können.

Ergänzend dazu: Bereits im Oktober 2000 hat sich der Europäische Ge- richtshof entschieden, daß der Bereitschaftsdienst von Krankenhaus- ärzten in Form persönlicher Anwesenheit im vollen Umfang als Arbeitszeit angesehen werden muß. Wurde dieser Entscheidung in Ihren Häusern bereits Rechnung getragen?

Ja, teilweise wurde dem bereits Rechnung getragen. Wir haben ja jetzt zwei Jahre Zeit, uns auf dieses neue Recht umzustellen und wir sind in vielen Teilbereichen bereits gut vorbereitet, arbeiten aber wie gesagt an dieser Vorbereitung weiter.

Ihre Aufgabe ist es, das Haus wirtschaftlich zu führen. Mit welchen Problemen werden Sie speziell konfrontiert?

Das Klinikum Rosenheim hat natürlich auch ein paar individuelle Schwächen. Individuelle Schwächen heißt, daß unsere bauliche Situation noch nicht vollständig optimiert ist. Wir sind zwar in Teilbereichen sehr modern ausgestattet, aber es müssen noch einige Sanierungsabschnitte folgen. Im September dieses Jahres wird ein weiterer Bauabschnitt eingeweiht, der uns eine große Entlastung und deutliche Verbesserungen bringen wird. Und auch der nächste Bauabschnitt ist bereits genehmigt, der dann wieder zu einem weiteren Meilenstein führen wird.

Aber es ist schon so, daß auch in Ihrem Hause, genau wie in allen anderen Versorgungseinrichtung dieser Art, gespart werden muß?

Es wird sogar erheblich gespart. Wir versuchen hier die Gradwanderung zwischen einer optimalen Patientenversorgung und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten vernünftig zu gehen. Gemeinsam mit allen Beteiligten ist es uns aber im letzten Jahr gelungen, die Sachkosten erheblich zu senken, so daß wir die Personalkosten nicht so deutlich anpacken mußten.

Patienten könnten da auf die Idee kommen, dies ginge zu Lasten der Qualität ihrer medizinischen Versorgung.

Im Gegenteil, die Qualität wird laufend gesteigert und das Klinikum beteiligt sich seit Jahren an externen und internen Qualitätssicherungsmaßnahmen. Wir haben auch ein internes Qualitätsmanagementsystem und einige Abteilungen sind auch bereits nach den üblichen Normen zertifiziert, so daß hier eine optimale Qualität der Versorgung geboten werden kann.

Stichwort »Integrierte Versorgung«?

Für uns ein wichtiges Thema. Wir sind mit mehreren Vorschlägen bereits an die Kostenträger herangetreten und haben dort Vorschläge dazu hinterlegt. Im Rahmen der Integrierten Versorgung ist uns auch die Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten sowie mit Rehakliniken und anderen Krankenhäusern sehr wichtig. Wir hoffen deshalb, daß unsere Vorstellungen bei den Krankenkassen auch Gehör finden und angenommen werden.

Ist Ihnen Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen medizinischen Einrichtungen des Landkreises wichtig?

Die Zusammenarbeit und Kooperationen mit anderen Einrichtungen sind uns zu- nehmend wichtiger. Kein Krankenhaus, auch ein großes Klinikum wie das unsere, wird es auf Dauer alleine schaffen. Es gibt daher Bestrebungen der intensiven Zusammenarbeit, natürlich insbesondere mit den Kreiskrankenhäusern aber auch mit anderen Krankenhäusern, mit Privatkliniken und natürlich mit Reha-Einrichtungen sowie mit den niedergelassenen Ärzten.

Sehen die Rosenheimer Ärzte das Klinikum auch als Mitbewerber im gesundheitstechnischen Bereich?

Ja, sie sehen es durchaus als Mitbewerber, aber insbesondere sehen sie das Kli- nikum auch als Partner. Wir haben gerade in diesem Jahr eine Einweiserstudie durch ein wissenschaftliches Institut der Bundeswehrhochschule durchführen lassen, um uns noch besser auf die Erfordernisse, die die niedergelassenen Ärzte an uns stellen, einstellen zu können. Diese Einweiserstudie hat uns wertvolle Hinweise gegeben und auch die Stellung des Klinikums gegenüber den niedergelassenen Ärzten sehr gut und sehr partnerschaftlich beleuchtet.

Gibt es Belegärzte?

Es gibt am Klinikum auch Belegärzte für Augenheilkunde, für Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie und für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten.

Wer ist Träger des Klinikums Rosenheim?

Träger des Klinikums ist das Klinikum selbst. Es ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ein sogenanntes selbständiges Kommunalunternehmen der Stadt Rosen- heim. Damit ist das Klinikum eigene Rechtspersönlichkeit, aber im Hintergrund ist natürlich die Stadt Rosenheim die Trägerin.

Sicherlich wurde auch schon mal von einer Verschlankung der Verwaltung gesprochen?

Wir setzen seit vielen Jahren auf eine sehr schlanke Verwaltung. Im Benchmark ist das Klinikum Rosenheim im Verwaltungsbereich im oberen Viertel angesiedelt, so daß wir uns da nicht verstecken müssen.

Wie sehen Sie die Zukunft im Gesundheitswesen, was wird sich weiterhin ändern?

Für die Zukunft im Gesundheitswesen hoffe ich, daß sich die wohnortnahe Ver- sorgung aufrecht erhalten läßt. Allerdings wird nicht mehr alles überall angeboten werden können. Die Spezialisierung wird weitergehen, so daß verschiedene Teil- bereiche nur noch an bestimmten Orten angeboten werden.

Im Gespräch ist eine elektronische Chipkarte. Bekommen wir jetzt den gläsernen Patienten?

Davor habe ich eigentlich weniger Angst. Die Chipkarte wird eher eine wesentliche Verbesserung unserer großen Bürokratie bringen, die damit ein wenig abgebaut werden könnte. Aber sie wird wohl nicht zeitgerecht in Angriff genommen werden können, denn in der vergangenen Woche konnte man der Presse bereits entnehmen, daß sich die Einführung verzögern wird. 

Das Krankenhaus ist auch ein bedeutender Arbeitgeber für die Bürger der Stadt Rosenheim. Wieviele Arbeitsplätze stellen Sie hier insgesamt zur Verfügung?

Das Klinikum Rosenheim ist in der Stadt Rosenheim der zweitgrößte Arbeitgeber und der größte Arbeitgeber für Frauen. Wir beschäftigen insgesamt rund 1.350 Mitarbeiter und gehören damit schon zu den großen Unternehmen dieser Stadt.

Mit welchen Fragen wenden sich die Mitarbeiter an Sie?

Die Mitarbeiter wenden sich eigentlich mit allen Fragen an mich, die die Kon- zeptionen des Klinikums betreffen. Und das ist auch eine der Hauptaufgaben die wir, das Direktorium, die Chefärzte und das mittlere Management, die Oberärzte und auch die Abteilungsleiter, gemeinsam erledigen. Neue Konzeptionen müssen einfach gemeinsam entwickelt werden, man kann sie einem Klinikum nicht einfach überstülpen, sondern sie müssen insbesondere von der mittleren Führungsebene mitgetragen werden. Nur so kann man zukunftsorientiert arbeiten.

Wer unterstützt Sie bei Ihrer persönlichen Arbeit?

Eigentlich ist es umgekehrt. Ich versuche die Führungskräfte hier im Hause best- möglich zu unterstützen, damit sie ihre Arbeit gut machen können.

Welche Qualität muß eine ärztliche Beratung Ihrer Meinung nach haben?

Sie muß sich um den Menschen als Ganzes kümmern, das ist eigentlich der wichtigste Punkt. Und die Medizin die gemacht wird, muß auch evidenzbasiert sein. Das heißt, daß sie wissenschaftlicher Grundlage entspricht und nicht auf Hören, Sagen oder Probieren beruht. Es muß eine gute, wissenschaftlich fundierte Medizin sein.

Wodurch ist der medizinische Versorgungsauftrag des Hauses besonders geprägt?

Der medizinische Versorgungsauftrag ist dadurch geprägt, daß wir hier über nahezu alle wichtigen Fachabteilungen die es überhaupt gibt, verfügen. Mit wenigen Aus- nahmen, die außerhalb des Landkreises in München, zumeist in den Universitätskliniken, dann noch angeboten werden.

Haben Sie die Möglichkeit einer ambulanten Betreuung Ihrer Patienten?

Selbstverständlich ist das Klinikum in die ambulante Versorgung, insbesondere die Notfallversorgung, eingebunden. Wir haben im Jahr über 30.000 ambulante Patienten hier im Hause und der Gesetzgeber zwingt uns zum Ausbau der ambu- lanten Versorgung. Diesen Ausbau wollen wir aber moderat angehen, denn wir möchten den hier niedergelassenen Ärzten, die die ambulante Versorgung schwerpunktmäßig anbieten, nicht groß Konkurrenz machen. Selbstverständlich möchten wir aber auch keine Behandlungsmöglichkeiten, die wir bisher angeboten haben, aufgeben.

Wie sieht Ihr typischer Tagesablauf aus?

Der typische Tagesablauf ist geprägt von Gesprächen, Sitzungen und Konferenzen, daneben gibt es natürlich auch Informationsveranstaltungen und Außentermine, die wahrgenommen werden müssen.

Das Brustzentrum im Klinikum Rosenheim erhielt im Dezember seine Zertifizierung.

Das ist richtig. Als erstes Krankenhaus in Bayern und als eines der ersten in Deutschland, hat das Klinikum Rosenheim im Dezember 2003 für sein Brust- zentrum die Qualitätssiegel der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für ISO-Zertifizierung sowie durch die Tüv-Management Service GmbH Gruppe erhalten. Diese Gütesiegel bestätigen die kompetente Versorgung von Frauen mit gut- und bösartigen Brusterkrankungen und garantieren eine ständige Qualitätskontrolle sowohl für die Diagnostik, als auch für die Therapie und Nachsorge.

Aufgabe des Brustzentrums?

Ziel ist die Verbesserung und die Sicherung der Qualität sowie der Diagnostik und Therapie von Brustkrebserkrankungen. Das Brustzentrum strebt eine enge Vernetzung mit den ambulant tätigen Kollegen an, um die Möglichkeit einer verbesserten Brustfrüherkennung, Diagnose und Therapie optimal zu nutzen.

Was wird sich in der Zukunft des Klinikum Rosenheims verändern?

Zukunftsprognosen im Gesundheitswesen sind eminent schwierig und trotzdem ist es notwendig, daß man eine klare Vorstellung hat, wo man in den nächsten Jahren stehen will. Direktorium und Führungskräfte haben daher gemeinsam ein Zukunftskonzept erarbeitet, das eine bauliche Konzeption, ein Leistungskonzept für die Fachabteilungen, ein Organisationskonzept und auch ein Finanzkonzept enthält, so daß wir insgesamt schon klare Vorstellungen haben, wie das Klinikum sich in den nächsten Jahren entwickeln soll. In den letzten zwei Jahren konnten wir diese Vorstellungen annähernd auch erreichen, obwohl es bei diesem schnellen Wandel notwendig ist, diese Ziele jährlich anzupassen.

Räumliche Ausbreitung ist kaum noch möglich.

Daran ist auch im Wesentlichen nicht gedacht. Das Klinikum ist von seiner Größe her so gestaltet, daß es auf lange Sicht wohl nicht größer werden muß.

Wer ist für die Schulung Ihrer Mitarbeiter zuständig?

Das Klinikum Rosenheim ist als Schwerpunktkrankenhaus eines der Fortbildungszentren, insbesondere für den Pflegebereich. Hier werden Fort- und Weiterbildungen durchgeführt für die gesamte Region, das heißt also auch für benachbarte Krankenhäuser in anderen Landkreisen. Wir sind ein Fortbildungszentrum, das im letzten Jahr auch einen Preis für eine optimale Fortbildung gewonnen hat.

Auch Ihr Umweltmanagementsystem scheint preisverdächtig zu sein?

Das ist richtig. Im April 2003 wurde die Umwelterklärung des Klinikums geprüft. An zwei Tagen wurden von einem externen Umweltgutachter die Umweltpolitik, das Umweltmanagementsystem, die Ergebnisse der Umweltbetriebsprüfung, die Umweltziele, das Umweltprogramm und die konsolidierte Umwelterklärung gemäß der vorgeschriebenen Verordnung validiert. Auch die indirekten Umwelteinflüsse, die von Geschäftspartnern, Lieferanten oder Patienten verursacht werden, wurden hier sogar berücksichtigt. Ende Juni folgte der Abschlußbericht und die Genehmigung der Umwelterklärung durch den Gutachter, womit die Zertifizierung endgültig erreicht ist und das Klinikum zum Tragen des EMAS-Logos berechtigt. Wir stellen uns also auch auf diesem Gebiet unserer Verantwortung.

Was tun Sie selbst für Ihre Gesundheit?

Viel zu wenig. Ich treibe ein wenig Sport, vor allen Dingen versuche ich aber, so oft wie möglich zu Fuß zur Arbeit und wieder nach Hause zu gehen. Das sind dann aber hin und zurück immerhin 50 Minuten.

Ein kurzer Überblick auf Ihren persönlichen Lebenslauf.

Ich bin gebürtiger Rosenheimer, war auch immer im Landkreis ansässig, und bin seit 1977 im Krankenhauswesen in mehreren Führungspositionen tätig.

Welche berufliche Qualifikation mußten Sie erwerben?

Ich habe ein kaufmännisches Studium, aber meine berufliche Qualifikation beruht im wesentlichen auf der Erfahrung, die ich in verschiedenen Krankenhäusern gesammelt habe. 

Herr Pfaffeneder, ich danke Ihnen für das Gespräch.

     
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