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CHRISTOPH KLEBER

Unternehmer
Edition: Wasserburg 2018

   
   
   
   
   
     
     
     
   
  GESUND LEBEN
Mit einer revolutionierenden Idee wollen die beiden Jungunternehmer Edna Kleber-Belizário und ihr Mann Christoph Kleber das Gesundheits- und Umweltbewusstsein der Menschen verändern. Ein breites Spektrum an Naturkost-Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau, ökologischen Drogerieartikeln und Haushaltswaren wird in ihrem neuen Laden Grünkunft mit einem – und das ist das Besondere daran – plastikfreien Verpackungsmaterial koordiniert

Eines gleich vorweg: Bei Edna Kleber-­Belizário und ihrem Mann Christoph Kleber handelt es sich nicht um ein klassisches Öko-Pärchen, das mit ein paar Bio-Lebensmitteln mehr schlecht als recht seinen Lebensunterhalt verdienen muss. Beide hätten aufgrund ihrer Ausbildung und ihren bis­herigen Tätigkeiten sicherlich sehr viel einfachere Möglichkeiten gehabt, ihr Leben zu bestreiten. Edna stammt aus Brasilien, wo beide sich auch kennen gelernt und später geheiratet haben, und beschäftigte sich zuletzt mit ökologischer Landwirtschaft auf dem Öko-Bauernhof ihres Großvaters. Christoph Kleber stammt aus Wasserburg a. Inn, hat Architektur und Betriebswirtschaft in München studiert und arbeitete später in verschiedenen Architekturbüros – unter anderem auch in Rio de Janeiro. Nachdem die junge Familie ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegte, stand Kleber zuletzt bei einem namhaften bayerischen Autobauer in Diensten und kümmerte sich um das Design von Autohäusern. Beide verspürten aber zunehmend den Wunsch nach einer Tätigkeit, die ihren ökologischen Grundsätzen entsprach. Bei einem gemeinsamen Urlaub auf dem Bauernhof der Familie in Brasilien entstand schließlich die Idee, Bioprodukte in biologischer Verpackung zu verkaufen. Das Ergebnis aller Überlegungen befindet sich nun in Wasserburg: „Grünkunft“. Ein Gespräch mit Christoph Kleber soll helfen, die Geschäftsphilosophie richtig zu verstehen.


Es gehört schon eine große Portion Mut dazu, sein Leben so zu verändern, wie Sie und Ihre Gattin es getan haben
Wir haben uns oft gefragt, wie wir unseren nachhaltig ökologisch geprägten Lebensstil auch in beruflicher Hinsicht umsetzen können. Was wir tun können, um unseren Kindern eine intakte Welt hinterlassen zu können. Unsere Gespräche waren oft geprägt von gesunder Ernährung, von übervollen Mülleimern, von Bienensterben, der Überfischung der Meere, der Klimaerwärmung und vor allem der unvorstellbaren Menge an Plastikprodukten, die unsere Umwelt über Jahrhunderte hinweg belasten werden. Meine Frau und ich wussten eigentlich schon immer, dass wir uns belügen, wenn wir uns einreden, wir verhielten uns doch eigentlich völlig korrekt, bloß weil wir unsere Lebensmittel im Bioladen kaufen, Ökostrom beziehen und möglichst wenig nicht recyclebaren Müll produzieren. Irgendwann reifte das Gefühl, dass wir endlich selbst etwas verändern wollen. Zu tief, als dass wir es wieder verdrängen könnten. Wir fassten den Entschluss, etwas zu bewegen, etwas nachhaltig Positives für die Welt und die Menschen zu erschaffen. Die Idee basiert auf unserem Umweltverständnis und der Erkenntnis, dass es so wie bisher nicht mehr lange weitergeht. Wir waren uns darüber im Klaren, dass unsere Idee dieses neuen Ladens sicherlich von dem einen oder anderen belächelt wird. Aber das war schon immer so: jeder neue Gedanke nach einer komplexen Veränderung, jeder Blick in die Zukunft, jede technische Neuerung wurden anfangs mit Skepsis beäugt oder sogar belächelt. Letztlich geht es uns allen doch darum, ein besserer Mensch zu werden, etwas für die in Mitleidenschaft gezogene Erde zu tun. Theoretisch wollen das alle. Nur, warum tut es dann keiner?

Sie haben ja jetzt etwas getan, was verkaufen Sie denn nun?
Wir verkaufen hier hochwertige Bio-Lebensmittel und -Drogerieartikel in Kombination mit plastikfreiem, restlos abbaubarem, bioveganem Verpackungsmaterial aus nachwachsenden Rohstoffen.

Gab es so was nicht schon?
Unsere Geschäftsidee ist einmalig. Wir haben viel Zeit damit verbracht, etwas derart Gleiches im Internet zu finden, aber da gibt es nichts. Eigenartig eigentlich, denn wir verwenden Verpackungsmaterialien, die es seit Ewigkeiten gibt und auch die Lebensmittel haben wir nicht neu erfunden.

Was ist denn das Besondere an Ihrer Idee?
Wir wollten eine nachhaltige Verpackungslösung entwickeln, und das ist uns nun gelungen und stellt das Besondere an unserer Idee dar. Über einen langen Zeitraum hinweg haben wir unzählige Experimente mit den verschiedensten Materialien gemacht – angefangen von den Materialien auf Fett- oder Wasserbasis bis hin zu den Verschlusstechniken. In unserer Küche haben wir die unterschiedlichen Materialien getestet, immer wieder mit anderen Stoffen in Verbindung gebracht wie Zucker, Salz, Öl, Fett und anderen Rohstoffen und dabei manchmal fast ein Jahr beobachtet, wie sich das Material verändert. Uns ging es vor allem um die Nachfüll-Packungen, die dann auch versandfähig sein sollten. Jetzt arbeiten wir mit Folienbeuteln aus Cellulose. Auch Poly-Milchsäure hätte uns von den physikalischen Eigenschaften her gut gefallen. Doch dieses Material wird aus Mais produziert, und wir konnten keinen Hersteller finden, der uns sein Produkt als gentechnikfrei garantieren konnte. Die jetzt für unsere Beutel verwendete Cellulose wird zu hundert Prozent aus Holz hergestellt und stammt überwiegend aus Holzabfällen aus der Forstwirtschaft.

Wo und wie werden diese Beutel hergestellt?
Wir beziehen unsere Folienbeutel von einer speziellen Papiermühle. Allerdings hat uns die reine Cellu-lose zunächst vor die nächste Herausforderung gestellt, da sie nicht verschweißbar ist. Die Verschlussnaht wird nun aus Bio-Baumwolle hergestellt – bei unseren Lebensmittelprodukten in Grün, bei Nicht-Lebensmitteln in Pink. Aus beiden Farben wurde auch unser Firmenlogo designt und gilt nun als unser Markenzeichen. Unsere Nachfüllbeutel, wir nennen sie „Nachhälter“, genießen den Schutz des deutschen Marken- und Patentamtes, was somit die Einmaligkeit unserer Produktpalette unterstreicht.

Warum haben Sie sich für Wasserburg entschlossen? 
Ich bin hier aufgewachsen, kenne die Stadt also sehr gut und fühle mich hier, genau wie meine Frau und meine Kinder, sehr wohl. Mit dem uns angebotenen Laden hatten wir auch das Glück, einen Teil der wunderbaren, alten Einrichtung übernehmen zu können. Ganz früher gab es hier im Geschäft einen Kolonialwarenladen, damit hat sich der Kreis jetzt wieder geschlossen.

Nun ist es ja nicht einfach, dem Verbraucher klarzu­machen, dass Ihre Produkte gegenüber denen der vielen Discounter schon teurer sind.
Teurer ist relativ. Wer sich für Bioprodukte entschieden hat, der wird auch bei uns nicht teurer einkaufen als anderswo. Derzeit liegen wir mit unserer Preisspanne im Bereich des Bioeinzelhandels, teilweise sogar schon deutlich darunter. Mit zunehmender Vermarktung erhoffen wir uns, über die Menge die Preise sogar senken zu können. Nur so macht das ganze Konzept auch Sinn. Wir sind jedenfalls sehr angetan von der positiven Resonanz gegenüber unserer Idee. Zu uns kommen Kunden aus allen Bereichen und aus jeder Altersklasse, was auch zeigt, dass generationenübergreifend ein großes ökologisches Bewusstsein vorhanden ist. 

Wird Plastikmüll zunehmend ein Thema? 
Ich bin mir sicher, dass sich die Hersteller von Plastikmaterialien immer mehr damit beschäftigen werden. Es baut sich ein immer größer werdender Druck seitens der Verbraucher auf, die eigene unschöne Erfahrungen mit diesem Material gemacht haben – beispielsweise im Urlaub, wenn ihnen der Plastikmüll entgegen schwimmt. Auch die Politik wird sich diesem Problem zunehmend stellen und entsprechende Entscheidungen treffen müssen. 

Wie sehen Sie Ihre Zukunft, welche Visionen gibt es? 
Selbstverständlich möchten wir das Thema Plastik- und Müllvermeidung mehr und mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft bringen. Unser Konzept wird dazu beitragen, dessen bin ich mir sicher. In der Frage der Preisgestaltung gibt es noch einiges zu tun, um möglichst viele Menschen ansprechen und die Möglichkeit zu geben, ökologisch bewusst einzukaufen. Klar erkennbar ist jedenfalls, dass bei Reinigungsmitteln leider noch unnötig viel Chemie verwendet wird. Da gäbe es sehr viele bessere Alter-nativen, die man dem Verbraucher einfach nur bewusst machen muss. Unsere Visionen die Zukunft betreffend darf ich sagen, dass unser Onlineshop weiter ausgebaut werden wird und dass wir hier im näheren Umkreis einen eigenen Lieferservice installieren möchten. Sollte sich herausstellten, dass die Verkaufsflächenkapazität hier im Gebäude erhöht werden muss, werden wir über eine Verlagerung der Produktion nachdenken. Auch über weitere Standorte haben wir bereits gesprochen, die kon-krete Umsetzung wird aber noch andauern. Unsere langfristigen Ziele werden in der Bewusstseinsveränderung der Verbraucher für ein bezahlbares, gesundes Leben liegen.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG