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MANFRED ESSER  

Jaguar-Stadthalter
Edition: Waldkraiburg 1995

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

»Es genügt, wenn du nach einem Streit mit Deiner Frau einfach in der Garage verschwindest und Dich für eine Weile in den Wagen hineinsetzt. In einer Viertelstunde bist du wieder der glücklichste Mann der Welt«, erzählte uns Manfred Esser, seines Zeichens Statthalter der noblen Automarke Jaguar, der Tradition und dem Fortschritt ebenso verpflichtet wie dem Service und seinen Kunden. Am 01.06.1975 gründete er sein Autohaus in Waldkraiburg und innerhalb kurzer Zeit sorgten die luxuriösen Modelle für eine erfreuliche Abwechslung auf dem Straßenbild. Wo immer ein Jaguar vorfährt sind die besten Plätze noch für den Fahrzeugeigentümer reserviert. Die STADTBROSCHÜRE wollte wissen, warum sein Unternehmen so erfolgreich ist, wollte wissen, was sich hinter der Person Manfred Esser verbirgt, welche Ziele er noch erreichen möchte, was er über Helmut Kohl denkt, was Geld für ihn bedeutet und wie er über Familie, Sex und Tod denkt.

 

Herr Esser, die traditionelle Verbindung von englischen Royals und Jaguar hat einen Riss bekommen. Lady Di wechselte von der Raubkatze zum Audi Cabrio. Der Rest der königlichen Familie wird sich aber sicher über den neuen XJ freuen. Wie sieht es in Ihrem Hause aus, ver- kauft sich Jaguar noch so gut, wie Sie es sich wünschen?

Natürlich steht es auch Lady Di zu, Konkurrenzmodelle zu testen, um feststellen zu können, dass ein Jaguar mehr Fahrfreude vermittelt. Wir sind mit dem Abverkauf der neuen XJ-Serie sehr zufrieden. Das Interesse an der Marke Jaguar ist größer als je zuvor.

Es gibt ein Gerücht, dass einige Jaguarfans während der Laufzeit des eher etwas klobig wirkenden XJ der letzten Serie, ihr neues Modell gegen eines aus der alten Serie eingetauscht haben. Sind das nur Vermutungen, oder ist da etwas Wahres dran?

Was mein Haus betrifft, kann ich das nicht bestätigen. Ich habe die XJ- Serie gut verkauft, konnte mich auch mit diesem Modell identifizieren. Vereinzelte Kunden werden nach wie vor nur das »alte« Modell fahren.

Welche Vorteile bietet nun das neue Modell?

Die gravierendste Veränderung liegt im Design. Die neue Form erinnert wieder mehr an die alte XJ-Serie. Für den neuen X300 wurden über 2000 neue Teile verwendet. Hervorzuheben ist die neue Klima-Anlage und der neue AJ-16- Motor.

Viel Luxus für viel Geld, oder? Was kostet nun das Comeback der Raubkatze im günstigsten und im teuersten Fall?

Die neue XJ-Serie ist inklusive vieler Extras und der Mehrwertsteuer ab DM 89.000 zu haben. Das teuerste Modell ist unser Flaggschiff, der Daimler Double Six 6.0 V12 für DM 167.000.

Ab und zu fahren Jaguars auch unter der Bezeichnung »Daimler«. Wo liegt der Unterschied?

Der Unterschied zwischen Jaguar und Daimler liegt in der Ausstattung, das edelste Modell trägt den Namen Daimler, benannt nach dem Begründer Gott- lieb Daimler.

Wie lautet Ihre Unternehmensphilosophie?

Die Philosophie meines Unternehmen lautet: »Besten Service bieten, um zufriedene Kunden zu haben«. Dieser Slogan wird bei mir Tag für Tag gelebt.

Was erwarten Sie sich von Ihren Mitarbeitern außer Leistung?

Im Sinne meiner Kunden tätig zu sein und dies mit selbständiger Arbeit zu verwirklichen.

Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie Leute »feuern« müssen, die Ihrem Anspruch nicht gerecht werden?

Für mich ist es nie angenehm, wenn ich mich von einem Mitarbeiter trennen muss. Die heutige Leistungsgesellschaft fordert aber von jeder einzelnen Person das Maximale. Und wer dieses Verständnis nicht mitbringt, ist in meinem Hause fehl am Platz.

Kennen Sie Unsicherheit?

Natürlich kenne ich Unsicherheit. Eine menschliche Schwäche, die ich nach Möglichkeit nicht zeige.

Wen würden Sie sich noch als Kunden wünschen?

Dieser Wunsch ist nicht personenbezogen. Ich wünsche mir alle als Kunden, die es bisher nicht sind.

Es heißt, Sie sind bei Verhandlungen knallhart. Stimmt das?

»Knallhart« ist ein Ausdruck, der mir nicht gefällt. Ein bestimmtes Maß an Härte ist manchmal unumgänglich. Ich würde mich eher als fairen Verhandlungspartner bezeichnen.

Sind Sie eigentlich süchtig nach Erfolg?

Süchtig? Ja, ich glaube schon. Dieser so wichtige Erfolg bestätigt mir immer wieder meinen Einsatz.

Warum ist die Akzeptanz des Unternehmers in den USA besser?

Ich glaube, dass dort das Risiko sowie die hohe Leistung, die von einem Unternehmer erbracht werden muss, mehr anerkannt wird, als bei uns. Hier wird der finanzielle Vorteil viel höher gestellt als der Einsatz und die Verzichte, die ein Unternehmen mit sich bringt.

Haben es Frauen als Unternehmer schwerer als Männer?

Im allgemeinen schon. Aber ich kenne einige sehr erfolgreiche Unternehmerinnen, die es geschafft haben, sich ganz nach oben zu arbeiten.

Wem würden Sie nichts verkaufen, auch wenn der Profit noch so groß wäre?

Demjenigen, bei dem die Finanzierung nicht in Ordnung geht.

Wie kommen Sie mit Konkurrenz-Unternehmen klar?

Es heißt ja, Konkurrenz belebt das Geschäft. Im Großen und Ganzen komme ich mit meinen Mitbewerbern gut aus.

Was unterscheidet einen Jaguar von anderen Nobelfahrzeugen?

Dass es eben ein Jaguar ist. Er ist nach wie vor etwas Besonderes, ein Fahrzeug, das nicht mit der Masse mitfährt, mit unverwechselbarer Silhouette und eleganter Ausstrahlung.

Welches Auto würden Sie außer Jaguar noch gerne fahren?

Diese Frage stellte sich für mich bisher nicht.

Welchen Stellenwert hat für Sie Umweltschutz?

Besonders in der Kfz-Branche ist Umweltschutz ein entscheidender Faktor. Bei dem Umbau des Geschäftsgebäudes vor zwei Jahren, wurden modernste Maschinen und Geräte installiert, um die Umwelt so gering wie nötig zu belasten.

Vor einigen Jahren kam Ihr Unternehmen wegen hoher Bau- kosten etwas ins trudeln. Möchten Sie dazu etwas sagen oder wollen Sie lieber nicht mehr daran erinnert werden? 

Es ist richtig, dass ich bei meinen Umbaumaßnamen sehr negative Erfahrungen gemacht habe. Die Baukosten haben sich durch verschiedene Faktoren wesentlich erhöht, in finanzielle Schwierigkeiten bin ich Gott sei Dank nicht gekommen. Ich kann Ihnen dazu sagen, dass ich heute stolz darauf bin, ein so schönes Autohaus führen zu dürfen.

Wie lange arbeiten Sie täglich?

Zwölf Stunden und mehr.

Welches Ihrer Traumautos fahren Sie selbst?

Ich habe derzeit drei Fahrzeuge zugelassen: Einen Daimler 4.0, einen XJR-Kompressor und einen V12.

Und welches Konkurrenz-Produkt lässt Ihr Herz höher schlagen?

Durch die Inzahlungnahme von Gebrauchtfahrzeugen befasse ich mich ja ständig intensiv mit den verschiedensten Fabrikaten. Wenn Sie es auch nicht glauben wollen, es gibt kein Fahrzeug, das mein Herz höher schlagen lässt.

Einen Jaguar zu fahren, bringt sicherlich auch Vorteile, die andere nicht haben. Gibt es da etwas, was die Ausstrahlung des Fahrers besonders unterstreicht?

Da gibt es einige nette Erlebnisse. Zum Beispiel beim Einchecken in ein Hotel, wurde mein Jaguar vom Portier in die Garage gefahren. Andere Gäste, sprich Fahrer von Konkurrenzmodellen mussten sich selbst dorthinbemühen.

Ein Blick in die persönliche Zukunft: Wie lange planen Sie, Ihr Unternehmen noch selbst zu führen. Warten Sie, bis Ihre Tochter die Nachfolge antreten kann?

Ich werde, so Gott will, meinem Unternehmen noch lange erhalten bleiben. Nach großen Stress-Situationen setze ich mir insgeheim Ziele, mich zum Beispiel in fünf oder zehn Jahren zur Ruhe zu setzen und da meine Tochter mit dreieinhalb Jahren noch nicht entscheiden kann, ob sie irgendwann einmal die Nachfolge an- treten wird, kann ich Ihnen dazu keine konkrete Antwort geben.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um Vertreter einen Nobelmarke werden zu können?

Als ich mich vor zwanzig Jahren selbständig machte, waren die Voraussetzungen eigentlich nur der Wille, die finanziellen Mittel und ein Gebäude für den Vertrieb. Heute werden ganz andere Anforderungen gestellt. Hersteller und Importeure haben sehr großen Einfluss auf den Geschäftsablauf. Diese und gleichermaßen die Kunden hundertprozentig zufriedenzustelen, erfordert ein hohes Maß an Geschick.

Hätten Sie auch Alternativen zu diesem Beruf gehabt? 

Sicherlich hatte ich Alternativen zu diesem Beruf. Ich habe ja, wie Sie wissen, das Autohaus nicht von meinen Eltern geerbt, sondern es war mein Wille, diesen Weg zu gehen.

Wie war Manfred Esser als Kind und welche Ansprüche stellte man damals an Sie?

Ich habe meine Kindheit auf einem bäuerlichen Anwesen erlebt, auf dem ich schon von klein auf kräftig mitgeholfen habe. Schon damals habe ich alles »motorisierte« geliebt.

Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?

Da mein Vater im Krieg gefallen ist, habe ich ihn nie kennen gelernt. Ich habe das oft bedauert, meine Kindheit wäre sonst ganz anders verlaufen.

Wie reagierten denn die Mädchen auf den jungen Esser?

Das ist ja schon ziemlich lange her, aber damals nicht so positiv, weil ich die meiste Zeit mit Arbeit verbracht habe. 

Sie wurden vor kurzem 51 Jahre alt. Haben Sie eine Beziehung zu dieser Zahl?

Ich setze mich des öfteren mit meinem Alter auseinander und würde gerne ein paar Jahre wegstreichen. Ein entscheidendes Erlebnis war für mich mein 50. Geburtstag. Da stand es mit großen Lettern über der Eingangstür. Heute bin ich der Meinung, wenn man gesund ist, spielt das Alter keine so große Rolle.

Lässt die Kondition schon etwas nach?

Nein.

Wie steht’s mit der Midlifecrisis?

Vielleicht ist meine Harley-Davidson, die ich mir im letzten Jahr gekauft habe, die Antwort darauf, ich weiß es nicht. Ernsthafte Probleme habe ich damit nicht.

Wie groß ist der berufliche Anteil an Ihrem Leben, was machen Sie mit der übrigen Zeit?

Der berufliche Anteil an meinem Leben? Sehr hoch. Solange ich noch die Zeit für die notwendige Erholung habe, wird sich daran nichts ändern.

Wie muss man sich Manfred Esser vorstellen, wenn er nicht arbeitet?

Ich liebe die Berge, verbringe viel Zeit beim Skifahren oder Wandern. Seit dem ich meine Harley-Davidson besitze, ist sie mein größtes Hobby.

Sie sind relativ spät Vater geworden, hat Sie die Geburt Ihrer Tochter verändert?

Natürlich hat mich das verändert. Ich glaube, dass man erst in einem reifen Alter ein Kind wirklich genießen kann.

Zum perfekten Familienglück fehlt jetzt eigentlich nur noch der Trauschein. Wann können wir Ihnen dazu gratulieren?

Für mich ist eine gute Partnerschaft wichtiger als ein Trauschein. Ich fühle mich in meiner Familie wohl.

Haben Sie viele Freunde?

Ich habe wesentlich mehr gute Bekannte, als richtige Freunde.

Sie galten früher als geübter Frauenheld. Phantasie oder Wahrheit? 

Dieser Ruf verfolgt mich deshalb, weil ich so viele Jahre Junggeselle war und ich in dieser Zeit nicht nur eine feste Beziehung hatte.

Repräsentant eines solchen Autohauses zu sein, wirft Spekulationen auf. Sie als wohlhabend zu bezeichnen, ist das richtig?

Ach wissen Sie, »wohlhabend« ist ein dehnbarer Begriff. Ich bin seit über 30 Jahren selbständig und bin mit dem, was ich mir geschaffen habe, vollauf zu- frieden.

Was halten Sie von Helmut Kohl?

Für mich ist er der richtige Mann für die Regierung, mit einem großen Maß an Standvermögen. Ich würde mir jedoch einen richtigen »Macher« an der Regierungsspitze wünschen.

Und von Rudolf Scharping?

Meiner Meinung nach fehlt ihm der richtige Biss, regieren zu können.

Von Oswalt Kolle?

Wer’s braucht.

Dem Papst?

Er als Oberhaupt der katholischen Kirche, sollte endlich den Forderungen der vielen Katholiken nachkommen und seine Grundsätze den Bedürfnissen der heutigen Zeit anpassen.

Wir blicken auf 20 Jahre Emanzipation zurück. Machen Ihnen die neuen selbstbewussten Frauen Angst? 

Solange sie noch Frauen bleiben, nicht.

Angenommen, Sie erhalten ein Paket eines Versandhauses aus Flensburg, dass Sie gar nicht bestellt haben. Würden Sie hineinschauen?

Da ich überhaupt nicht neugierig bin, würde ich das Paket ungeöffnet zurücksenden.

Was ist für Sie männlich?

Kraftvoll, sportlich, gepflegte äußerliche Erscheinung, mit beiden Beinen im Leben stehen.

Dürfen Männer weinen?

Ja.

Wann haben Sie das letzte Mal geweint?

Bei der Geburt meiner Tochter.

Hat Manfred Esser Schwächen?

Ja, meine größten Schwächen sind die Gutgläubigkeit und dass ich nicht oft genug »nein« gesagt habe.

Was amüsiert Sie?

Spaß zu haben mit netten Leuten, egal wo.

Was lesen Sie zu Ihrer Unterhaltung?

Die Zeit zum Lesen verbringe ich mit Fachliteratur.

Gibt es ein geschäftliches Traumziel, dass Sie mit Ihrem Unternehmen noch verwirklichen wollen?

Ich hoffe, dass mein Ziel, das ich mir gesetzt habe, kein Traum bleibt.

Und welchen Traum würden Sie sich persönlich gerne erfüllen?

Mit dem Segelboot und ein paar guten Freunden um die Welt.

Was assoziieren Sie mit Waldkraiburg?

Die Stadt, in der ich seit 30 Jahren lebe. Eine junge Stadt, die erst nach dem Krieg entstand und in der heute sehr viel dafür getan wird, eine schöne, saubere Stadt mit vielen grünen Flächen zu schaffen.

Zum Schluss nennen wir noch zehn Begriffe, sie sagen uns bitte, was Ihnen dazu einfällt: Geld?

Wichtig und Schlüssel zum Erfolg.

Frauen?

Ohne Frauen wäre das Leben langweilig.

Intelligenz?

Sehr sehr wichtig.

Das Alter?

Jeder Abschnitt hat seine Reize.

Familie?

Eine neue, schöne Erfahrung.

Vereintes Europa?

Sollte jetzt schon mehr greifen.

Sex?

Immer wieder schön.

Tod?

Trifft jeden.

Freizeit?

Viel zu selten.

Jaguar?

Meine Zukunft.

Herr Esser, wir danken für das Gespräch.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG